Comödie Fürth: Ein Stadtrat in Nöten

11.9.2018, 17:45 Uhr
Comödie Fürth: Ein Stadtrat in Nöten

© Foto: Thomas Scherer

Ein Mitmensch mit XXL-Notizblock hätte der Comödie in den 20 Jahren ihres Bestehens — siehe Seite 29 — einen großen Dienst erweisen können. Leider verpassten die Hausherren seit der Eröffnung des Spaß-Ladens im September 1998, gründlich Buch darüber zu führen, wie oft in drei Teufels Namen auf der Bühne Türen auf- und wieder zugingen. Auf und zu. Auf und zu. Auf und — kommt dieser Heißmann gleich wieder von links oder von rechts?

"Es gibt diesmal wirklich nur zwei Türen", sagt Volker Heißmann nicht ohne Erleichterung. "Schön, wenn man nicht dauernd im Kopf haben muss, wer nun von wo kommt und wann man selber wo durch muss." Franz Arnold und Ernst Bach hatten mit der slapstickhaften Hektik zahlreicher Komödien aus angelsächsischen Gefilden wenig bis gar nichts am Hut. Das Schauspieler- und Autorenduo, deren große Zeit die zwanziger Jahre waren, schuf Klassiker für den Boulevard und die Komödienhäuser, ohne die armen Türen im Bühnenbild auf Propellermodus zu schalten.

Der Humor von Arnold-und-Bach-Stoffen wie "Der keusche Lebemann" und "Die spanische Fliege" ist fraglos krachend, hat jedoch eine feine zweite Ebene. "Das Publikum", sagt Heißmann, "weiß immer ein bisschen mehr als das Ensemble, das macht den Reiz dieser Stücke aus." "Der wahre Jakob", kurz vor Heiligabend 1924 am Berliner Lustspielhaus uraufgeführt, hat es auf zwei Verfilmungen gebracht und auf zahlreiche Mundart-Fassungen; für die Comödie ist das Stück die 21. TV-Aufzeichnung, tollkühne Theaterexperimente müssen Heißmann-und-Rassau-Fans natürlich auch diesmal nicht befürchten.

Martin Rassau führt Regie, abermals hat Hausdramaturgin Stephanie Schimmer den Stoff in fränkische Gefilde verlegt. Aus dem Stadtrat Peter Struwe, der im heimatlichen Posemuckel dem "Verein zur Aufrichtung gefallener Mädchen" vorsteht, wird hier der Langenzenner Stadtrat Wilhelm Wagner. Und die große, sehr große Stadt, die zum "Keuschheitskongress" einlädt, heißt im Original Berlin, hier Fürth. Wenn das mal nicht für Lacher sorgt.

Der sittenstrenge Vater ist indes nicht gar so sittenstreng, wie man vermuten könnte. Mit der berühmten Varietésängerin Fanny (Christin Deuker) will er Kontakt aufnehmen, dabei nicht ahnend, dass es sich bei ihr um die Tochter seiner zweiten Frau Alma (Kerstin Ibald) handelt. Fanny holt aus zur großen Retourkutsche. Möge das Chaos seinen Lauf nehmen.

Mit dabei sind viele bewährte Damen und Herren aus früheren Comödien-Produktionen; ein Wiedersehen gibt es unter anderem mit André Sultan-Sade, der als ganz junger Bursche erste Schritte auf den Comödien-Brettern ging und mittlerweile mit 40 Jahren jenseits der Bühne als Kreuzfahrtdirektor an Bord der MS Astor über die Meere schippert. Eine Attraktion für Fans von (Operetten-)Schmäh aus dem Nachbarland dürfte der österreichische Kammersänger Josef "Bobby" Forstner sein, der sich in der Rolle des distinguierten Grafen zu Wildenberg dialekt-lastige Wortgefechte mit dem urfränkischen Stadtrat Wagner liefert. Christian Seeler wiederum, der Wagners Schwager spielt, führte 21 Jahre lang und bis 2017 als Intendant die Geschicke des Ohnsorg-Theaters.

Dort wurde das unverwüstliche Stück übrigens im Jahr 2003 aufgezeichnet und für die Ewigkeit gebannt. Fans dürfen ab heute tiefenanalytisch grübeln, welche Fassung — die Hamburger oder die Fürther — der absolut wahre Jakob ist.

"Der wahre Jakob": Premiere heute (19.30 Uhr), Comödie (Comödien-Platz 1). Bis 6. Oktober. Tickets unter Tel. 74 93 40 und an der Abendkasse.

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