Costa-Unglück: Fürther fand Platz im Rettungsboot

18.1.2012, 13:00 Uhr
Costa-Unglück: Fürther fand Platz im Rettungsboot

© Hans-Joachim Winckler

Herr Glöckner, Sie sind wohlauf zurück in Fürth, während eine Frau aus Oberasbach vermisst wird...

Karl-Ludwig Glöckner: Ich hatte wahrscheinlich Glück. Vor dem Rettungsboot, vor dem ich stand, ging es diszipliniert zu. Da ist einer nach dem anderen eingestiegen, dann wurde das Boot zugemacht und runtergelassen. Zum Hafen waren es nur 150 Meter.

Wirkte die Crew kompetent?

Glöckner: Uns haben sie gut geholfen, in anderen Booten scheint es schwieriger gewesen zu sein. Da waren die Crewmitglieder vielleicht jünger und wurden nicht als Autorität anerkannt — das ist schlecht in einer Situation, in der die Leute ängstlich sind.

Sie machen seit 20 Jahren Kreuzfahrten. Ist Ihnen aufgefallen, dass die „Costa“ zu nah an die Küste heranfuhr?

Glöckner: Nein, wir waren beim Abendessen und haben nichts gesehen. Der erste Gang war gerade beendet, da tat es einen Schlag. Durch den Ruck rutschten die ersten Teller von den Tischen, das Licht ging kurzzeitig aus. Wir wurden aufgefordert, sitzen zu bleiben. Uns wurde gesagt, dass das Schiff einen Maschinenschaden habe. Ich dachte, der Motor sei explodiert. Mir war auch klar, dass Wasser in das Schiff eindringt. Ich habe mein Wasserglas beobachtet und festgestellt, dass sich das Schiff langsam neigte.

Hatten Sie Angst?

Glöckner: Nein, zu keiner Zeit. Die Medien mögen die Vergleiche mit der „Titanic“, aber sie hinken: Wir waren nah am Hafen, und die Hostess hatte uns versichert, dass es in den Rettungsbooten deutlich mehr Plätze als Passagiere gibt. Eigentlich hätte jeder einen Platz darin bekommen können.

Warum hat das nicht geklappt? Augenzeugen sprechen von Chaos.

Glöckner: Leider bewahren nicht alle einen kühlen Kopf. Manche sind in Panik ins Wasser gesprungen. Dazu kommt, dass viele die Rettungsübung, die am ersten Tag an Bord durchgeführt wird, nicht ernstnehmen. Stattdessen wird viel Gaudi gemacht. Es spielt aber auch eine Rolle, dass gerade im Winter viele ältere Passagiere an Bord sind, die zum Teil schlecht laufen können. Das wird in einem Notfall zum Problem, weil die Aufzüge nicht benutzt werden können und alle den Weg zu den Rettungsbooten über die Treppen nehmen müssen. Das kann ein langer Weg sein, wenn man vom elften in den vierten Stock zu den Rettungsbooten muss.

Wie ging die Nacht für Sie weiter?

Glöckner: Im Hafen von Porto Giglio habe ich meine Frau über ein Münztelefon angerufen und ihr gesagt, dass es mir gut geht. Später wurden wir mit der Fähre von der Insel zum Festland gebracht, nach Santo Stefano. Die Polizei hat uns noch in der Nacht alle einzeln registriert. Bei mehr als 4000 Menschen dauert das. Am Samstagmorgen wurden wir mit dem Bus nach Savona gebracht, wo die Kreuzfahrt für mich genau an diesem Tag ohnehin geendet hätte. Von dort fuhr am Abend der Bus nach Nürnberg.

Was haben Sie im Schiff zurückgelassen?

Glöckner: Alles. Meinen Pass, die Kamera, das Mobiltelefon, den Hausschlüssel, den Mantel... Ich hatte nur mein Portemonnaie dabei, weil es für mich der letzte Abend an Bord war und ich beim Essen Trinkgeld geben wollte.

Ihre nächste Kreuzfahrt ist schon gebucht. Was macht den Reiz aus?

Glöckner: Schöner kann man kaum reisen: Man kommt herum, wird bedient, es ist wunderbar entspannend.

Lässt Ihre Frau Sie denn noch mal fahren?

Glöckner: Ja, sie kommt sicher auch wieder mit. Es ist doch so: Tatsächlich ist es gefährlicher, am Straßenverkehr teilzunehmen, als mit einem Kreuzfahrtschiff zu fahren.

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