Da wackelt der Heiligenschein

31.5.2008, 00:00 Uhr
Da wackelt der Heiligenschein

«Tschö dann! Bis zur Beerdigung!» Freundlich winkt der Pfarrer an der Kirchentür dem Brautpaar nach und macht sich offensichtlich keine Illusionen. Pfarrer Wolfgang Vieweg kann über Thomas Plaßmanns Zeichnung, die zur Karikaturen-Werkschau in Auferstehung gehört, entspannt lächeln. Auch Pfarrerin Irene Stooß-Heinzel hat keine Probleme mit vergnügten Kirchenbesuchern. «Warum sollte hier nicht gelacht werden?», fragt sie. «Das gehört zum Leben dazu, genauso wie die Selbstkritik, zu der diese Bilder anregen.»

Um fromme Wünsche und tagesfrische Sorgen kreisen die gezeigten Karikaturen. Da muss sich ein Pfarrer angesichts der neuen Rolltreppe, die nun in seine historische Kapelle führt, fragen lassen, ob er die Sache mit der Kirchen-Erneuerung möglicherweise falsch verstanden hat. Und die Aufforderung, vor der Mahlzeit zu beten, provoziert bei Tisch die ängstliche Frage, ob vielleicht mit dem Essen etwas nicht in Ordnung ist. Karikaturist Reiner Schwalme bringt seine Sorge um den Zustand dieser Welt kurz und bündig in ein einziges Motiv: «Golgatha 2001» zeigt ans Kreuz genagelt eine Friedenstaube. Der Ölzweig hängt schlaff im Schnabel.

Gleich mit mehreren Arbeiten ist Lutz Backes vertreten. Der 69-Jährige, der in Nürnberg lebt, war unter anderem 25 Jahre Haus-Karikaturist beim Handelsblatt. Seinen bekanntesten Entwurf nennt er stolz «die berühmteste Tierzeichnung der Welt»: Backes entwarf 1967 das Logo von Puma, die springende Raubkatze. «Damit bin ich unsterblich geworden», ein Statement, passend zum Thema dieser Ausstellung.

Für die Schau hat der vielseitige Künstler, der mit dem Pseudonym Bubec signiert, auf Bitte von Kantorin Sirka Schwartz-Uppendieck, die die Arbeitsgruppe «Kunst in der Kirche» der Auferstehungsgemeinde leitet, ein «Auftragswerk» gezeichnet: «Es gab bei seinen Cartoons einen männlichen Engel, dem fiel der Heiligenschein ab, als er einer schönen Frau nachsah», berichtet Schwartz-Uppendieck. «Ich habe ihm gesagt, dass da mal wieder die Frauen vernachlässigt werden», schmunzelt die Kantorin, die auch Gleichstellungsbeauftragte ist. Lutz Backes erfüllte ihr Ansinnen umgehend. Jetzt erblickt eine kesse Engels-Frau einen wirklich außerordentlich gut aussehenden Mann und - «Plob!» - ist ihr Heiligenschein futsch.

Nicht um Heiligenscheine, sondern um Hochzeiten, Ehe, Liebe und andere Zwischenfälle wird es heute unter anderem bei der Eröffnungs-Soiree mit dem beflügelnden Titel «Musikalische Komik» gehen. Daniela Jungblut und Christof Goger, in seinem Hauptberuf übrigens Pressesprecher des Stadttheaters, interpretieren Schlager und Klassiker aus den 1920er bis 30er Jahren. Schwartz-Uppendieck begleitet an Klavier und Orgel. SABINE REMPE

«Um Himmels Willen» - Kirche in der Karikatur: Auferstehungskirche im Stadtpark, täglich 10-18 Uhr. Bis 15. Juni. Eröffnung heute, 19.30 Uhr, mit dem Konzert «Musikalische Komik»(8/4 Euro).