Das Rutschen-Opfer verliert einen Zeh

29.3.2013, 10:00 Uhr
Das Rutschen-Opfer verliert einen Zeh

© Hippel

Es sind Osterferien, und das heißt: Im Palm Beach ist es richtig voll. Einen ruhigen Fleck gibt es dort zurzeit trotzdem: Die Dreiröhrenrutsche „Stargate“ ist seit dem Unfall vom Samstagabend gesperrt. Zutritt bekam am Mittwoch allerdings der Sachverständige, der im Auftrag der Staatsanwaltschaft die Unglücksstelle unter die Lupe nahm.

Mehrere Stunden widmete er sich vor Ort der Frage: Wie konnte es dazu kommen, dass das Rutschvergnügen für einen jungen Mann dramatisch endete? Bis das Gutachten fertiggestellt ist, werde es wohl mehrere Wochen dauern, so Polizeisprecher Robert Sandmann. Vorher wolle sich der Sachverständige auch nicht äußern. Klar ist bereits: Videoaufnahmen werden ihm nicht helfen können, der Unfallort wurde von keiner der Kameras im Bad erfasst.

Während der Gutachter im Spaßbad zugange war, unternahm das Unfallopfer, gestützt auf Krücken, einen kleinen Spaziergang auf dem Gelände des Südklinikums. Der 23-Jährige muss eine Hiobsbotschaft verdauen: Zwar haben Ärzte nach dem Unfall die beiden Zehen, die nur noch an Sehnen am Fuß hingen, wieder angenäht, doch schon da sei ihm mitgeteilt worden, dass die Chancen auf Heilung schlecht stünden. Jetzt stehe fest: „Ein Zeh muss auf jeden Fall wieder ab, bei dem anderen ist es noch unklar.“

Der Unfall ereignete sich, wie berichtet, im Auslaufbereich der Rutsche „Stargate“. Dort münden drei Röhren, in denen um die Wette gerutscht werden kann, in ein gemeinsames Becken. Trennwände verhindern, dass die Rutschenden zusammenprallen. Er sei mit Wucht gegen die Abtrennung gestoßen, dabei geriet sein Fuß unter die Plastikwand, erzählt der 23-Jährige. Als er aufstand, bemerkte er: „Auf der einen Seite war ich, auf der anderen meine Zehen.“

„Falsch reagiert“

Vorwürfe erhebt er gegen das Personal, das seiner Meinung nach nicht richtig reagierte und den Notruf spät absetzte: Er habe lange an Ort und Stelle ausharren müssen, bevor ihn die Feuerwehr befreite. Er will nun Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung erstatten. Ob die Vorwürfe berechtigt sind, dazu hat die Polizei keine Erkenntnisse. Sprecher Sandmann betont aber: Bei den Ermittlungen habe man „seitens des Betreibers jede Unterstützung erfahren“. Palm-Beach-Chef Andreas Steinhart war gestern nicht zu erreichen.

Weil er davon ausgeht, dass ein „Baumangel“ für den Unfall verantwortlich sei, will der Verunglückte zudem wegen Körperverletzung klagen, entweder gegen den Hersteller oder den TÜV, der die Rutsche abgenommen hatte. Der junge Mann nennt sich selbst einen „erfahrenen Rutscher“. Bislang habe er sich im Palm Beach immer sicher gefühlt.

Auf der Facebook-Seite des Bades berichten Nutzer unterdessen von Verletzungen, die sie sich auf den Rutschen zugezogen haben. „Wenn ich das so lese, dann sind mein blauer Ellbogen und blauer Knöchel vom Turboblitz harmlos“, schreibt eine Frau. Und weiter: „Muss aber auch sagen, dass ich die Stargate nur noch in der Mitte rutsche, weil’s mich auf den anderen beiden Bahnen im Auslauf jeweils voll gegen die Wand gehauen hat.“ Ein anderer stimmt zu: „Auf der linken hat’s mich auch schon relativ hart gegen die Wand geknallt. Ist recht schmerzhaft. Ich hoff’, die werden noch sicherer gemacht.“

Die Wettkampfrutsche „Stargate“ wurde erst vor wenigen Wochen — als letzte der acht Neuheiten — in Betrieb genommen. Gerüchte, wonach es seit der Eröffnung der Anlage häufiger zu Verletzungen komme, können Rettungsdienste auf FN-Nachfrage nicht bestätigen. Sie würden zwar regelmäßig, aber nicht häufiger als zuvor gerufen. „Das ist ein großer Freizeitpark, da passieren immer wieder Bagatellunfälle, mal eine Kopfplatzwunde oder ein Kollaps in der Sauna“, so ein Verantwortlicher.

 

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