Debatte um das Woolworth-Gebäude spitzt sich zu

24.7.2013, 09:00 Uhr
Debatte um das Woolworth-Gebäude spitzt sich zu

© Hans-Joachim Winckler

Der Quelle-Komplex an der Fürther Straße in Nürnberg steht schon auf der Liste, ebenso wie das Plärrer-Hochhaus, in dem die Verwaltung der Städtischen Werke Nürnberg untergebracht ist. Oder das Kaufhof-Gebäude am Stachus in München. Immer mehr rücken die Gebäude der Nachkriegszeit in den Fokus der Denkmalschützer. Nun also haben sie das Fürther Woolworth-Gebäude entdeckt.

Wie berichtet, steht der Bau des Architekten Hans Paul Schmohl nach Einschätzung der Experten vom Landesamt für Denkmalpflege „stellvertretend für die Kaufhausarchitektur der Nachkriegszeit“. Es handle sich um ein „seltenes Beispiel eines Übergangsbaus, der die Entwicklung weg vom Stahlbeton hin zur Vorhangfassadenästhetik dokumentiert“ – noch dazu an prominenter Stelle, mitten in der Innenstadt; das Objekt habe also „städtebauliche Bedeutung“.

Im Fürther Rathaus sieht man die Sache anders: Erheblich beeinträchtigt sei die städtebauliche Qualität an dieser Stelle der Schwabacher Straße. Im Bauausschuss zeigte sich jüngst, dass Oberbürgermeister Thomas Jung und Baureferent Joachim Krauße nicht die einzigen sind, die über das Vorhaben der Denkmalschützer den Kopf schütteln.

Dabei hat Krauße durchaus Verständnis für die Sichtweise der Experten: Das Gebäude aus den 50er Jahren sei in der Tat „Zeugnis einer bestimmten Bauweise“. „Das Haus für sich genommen ist eine Besonderheit.“ Das aber ändere nichts daran, dass es in Fürth auf wenig Gefallen stoße. „Es muss auch die heutige Generation die Chance haben, städtebauliche Fehler zu korrigieren“, findet der Referent.

„Ich sehe schon: Als nächstes wird die Commerzbank auf der Liste sein, als hervorragendes Beispiel der Betonarchitektur“, prophezeite Rathauschef Jung nur halb im Scherz. Ein unvorstellbarer Vorgang sei es doch, wenn die Stadt „nicht sagen kann, das gefällt uns nicht mehr“.

CSU-Stadtrat Tobias Wagner wandte zwar ein: „Nur, weil man etwas hässlich findet, kann man nicht den Denkmalschutz aushebeln.“ In diesem speziellen Fall aber lehne auch seine Fraktion das Ansinnen der Münchner Behörde ab. Damit waren sich die Ausschussmitglieder parteiübergreifend einig, das Landesamt in der geforderten Stellungnahme wissen zu lassen, dass die Stadt den Schutz des Gebäudes nicht wünsche.

Argumente für den Erhalt des Kaufhauses findet man derzeit zufällig auf der Internetseite der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die am 8. September bundesweit zum Tag des offenen Denkmals einlädt. Das Motto: „Jenseits des Guten und Schönen: Unbequeme Denkmäler?“

Unbequeme Denkmäler, dazu zählt die Stiftung etwa NS- oder DDR-Bauten, die sehr negative Gefühle auslösen – und über deren Erhaltung man dennoch nachdenken müsse, um auch die Brutalität einer Zeit nicht auszuradieren. Unbequem seien aber auch, eher aus ästhetischen Gründen, Bauten der Nachkriegsmoderne: Bürokomplexe, Kaufhäuser und Siedlungsbauten. Ihr Denkmalwert sei „aktuell in der Fachwelt und in der Öffentlichkeit umstritten“.

„Die Bauten der 50er Jahre haben noch nicht die ganz große Lobby“, sagt Holger Rescher von der Geschäftsführung der Stiftung auf FN-Nachfrage. Man erkenne aber zunehmend ihre Qualitäten: Sie stünden in der Tradition von Bauten der 30er Jahre, „die Leichtigkeit und Transparenz dieser Architektur wurde über den Krieg hinüber gerettet.“ Überdies sehe man in diesen Gebäuden oft technische Innovationen, etwa bei der Be- und Entlüftung der Häuser – auch so etwas macht ein Gebäude für den Denkmalschutz relevant. Das ästhetische Empfinden habe sich in der Vergangenheit oft gewandelt. Mit zunehmendem zeitlichen Abstand, ist sich Rescher sicher, werde sich daher auch der Blick auf die Nachkriegsbauten verändern. Deshalb gelte es, sich gut zu überlegen, welche Gebäude erhaltenswert seien: Oft schon habe man etwas vorschnell abgerissen – und es 20 Jahre später bereut.

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