Denkmalschutz: Projektchen mit Strahlkraft

10.8.2013, 10:00 Uhr
Denkmalschutz: Projektchen mit Strahlkraft

© Werner Heckelsmüller

Auf dem Gelände in der Innenstadt räumt der Abbruchbagger jeden Tag ein wenig mehr Stadtgeschichte ab. Das historische Hotel gibt es noch zur Hälfte, bald wird auch der denkmalgeschützte Festsaal Schutt sein. Baureferent Joachim Krauße ist grundsätzlich für die Erhaltung von Denkmälern. Doch er findet auch: „Es muss erlaubt sein, über konkurrierende Zielvorstellungen nachzudenken.“ Im Fall Park-Hotel hat sich die Stadt entschieden, dem Einzelhandel in neuen Räumen neue Impulse zu geben. Krauße trägt diese Entscheidung mit — „auch wenn wir die Kröte Festsaal schlucken müssen“.

Der Referent stellt diese Überlegungen im Büro des Quartiersmanagements Innenstadt an. Bei einem Pressetermin geht es um das Thema Denkmalschutz, diesmal allerdings um die Art Denkmalschutz, „die zunächst sehr unscheinbar daherkommt, die aber langfristig wirken soll“, wie Krauße erläutert. Quartiersmanagerin Alexandra Schwab spricht von „Projektchen mit Strahlkraft“.

Zum Verständnis: Mit rund 2000 Baudenkmälern weist Fürth unter den Großstädten im Freistaat die höchste Denkmaldichte auf. Das Gros der Objekte sind bewohnte Häuser, Gebrauchsdenkmäler, vornehmlich aus der Gründerzeit. Sie zu hegen und zu pflegen, ist keine leichte Aufgabe.

Den Eigentümern sei oft nicht klar, was sie bei Sanierungen und Umbauten beachten müssen oder welche finanziellen Fördermöglichkeiten es gibt, sagt Schwab. Manche Betroffene wüssten gar nicht, dass sie ein Denkmal besitzen. Im Kaufvertrag bleibe das oft unerwähnt, der entsprechende Vermerk im Grundbuch unbeachtet.

Unschöne Folge des Nichtwissens sind Fehlinvestitionen. Das können Kunststofffenster ohne Sprossen sein, so die Architektin und Stadtplanerin, die schlimmstenfalls wieder herausgerissen und durch Holzfenster mit Sprossen ersetzt werden müssen. Es kam auch schon vor, dass ein türkischer Hausbesitzer die neuen Marmorstufen vor seiner Tür gegen Sandsteinstufen austauschen musste.

Schwab nennt keine Zahlen, doch erwerben nach ihrer Beobachtung immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund, vor allem Türken, Wohneigentum in Fürth. Schon wegen der sprachlichen Hürden tun sie sich besonders schwer mit den strengen Denkmalschutz-Auflagen.

Seit Jahren bietet das Quartiersmanagement mit dem Baureferat allen Betroffenen und gezielt Zuwanderern Hilfe an. So gibt es mit dem Sanierungsleitfaden ein Faltblatt mit den wichtigsten Informationen in deutscher und türkischer Sprache. Es fanden bereits interkulturelle Stadtspaziergänge statt, bei denen Migranten lernten, ihre neue Heimatstadt mit anderen Augen zu betrachten. Es gab Vorträge zum Thema Denkmal-Sanierung in ausländischen Kulturvereinen, und seit 2011 gibt es in Kooperation mit der Kreishandwerkerschaft das Netzwerk „Handwerk-Denkmalpflege“. Diesem gehören aktuell 41 Betriebe an, die sich regelmäßig fortbilden. Weil Handwerker für Hauseigentümer oft erste Ansprechpartner sind, wenn es um Sanierungsmaßnahmen geht, sagt Schwab, hänge viel von ihrer Kompetenz und Sensibilität in Denkmalschutz-Fragen ab.

Die Fürther „Projektchen“ stoßen inzwischen weit jenseits der Stadtgrenzen auf Interesse. So sprach Schwab neulich beim Bundesdenkmalkongress in Erfurt über Migration und Denkmalpflege und für eine Fachpublikation schrieb sie einen Erfahrungsbericht. Im Kleinen geht es darum, Macken in der Sandsteinfassade nicht mit Zement, sondern mit Sandsteinersatz zu flicken. Im Großen aber geht es nach Überzeugung von Alexandra Schwab um Kulturvermittlung, um Identifikation und Integration.

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