Der Container ist noch keine Baustelle

9.6.2008, 00:00 Uhr
Der Container ist noch keine Baustelle

© Hans-Joachim Winckler

«Fürth macht immer schöne Sachen.» Dietmar Vomhof (59) stammt aus Leipzig, ist aber längst zum bekennenden Fan der Kleeblattstadt geworden. Mit seiner Frau Karin (55) hat er sich gut gelaunt aufgemacht, die Container zu ergründen, die zwischen Bahnhofplatz und Rathaus stehen. «Echt stark», lobt der Mann, der selbst ein Atelier in der Marienstraße hat, die Aktion und ist begeistert davon, «was in dieser Stadt alles möglich ist».

Während vor dem Leberwurst-Semmel-Verkauf gleich nebenan ein Saxofon schluchzt, nimmt sich auch Udo Mirschberger (40) Zeit für eine Kunst-Pause. Der modische Friseur aus der Blumenstraße hat schon Aufklärungsarbeit geleistet: «Viele meiner Kunden können hiermit im ersten Moment nichts anfangen, denen habe ich erst mal das Magazin mit den Infos hingelegt.» Hedwig Mirschberger (61) zeigt Verständnis für die Zweifler: «Manche denken, die Container gehören zur Baustelle in der Fußgängerzone.» Schließlich, erklärt sie, ist «ein Container ein Container». Weshalb die Vermutung, dass sich im Inneren Handwerkszeug verberge, ja erst einmal nahe liegt. Jetzt wollen sich die beiden in Ruhe selbst ein Bild von der Aktion machen.

Kunst gucken und einkaufen steht bei Familie Lumpe auf dem Programm. Thomas (36), Belinda (41) und Allegra (10) stehen vor Verena Manzs Installation «. . . es passen keine Schuhe» und mögen, was sie sehen: «Das ist eine Familie, die tanzt in ihrer Wohnung», analysiert Allegra vergnügt. Wer Fragen hat, ist bei den Helfern im grünen T-Shirt gut aufgehoben. Die sind auf alles vorbereitet. Michelle van Trill (16): «Als Erstes wollte am Morgen ein Mann wissen, was die Zeichnungen im Container von Peter Engel denn bedeuten sollen.»

Ein freundliches Postamt

Erklärungsbedarf löst auch die Aktion von Isi Kunath (45) aus. «Send your love away» fordert sie die Passanten auf. Aus ihrem Container hat sie ein freundliches Postamt gemacht, in dem echte «Liebes-Postkarten» verschickt werden können. Problematisch nur, dass in Zeiten von SMS und E-Mail handschriftliche «Hardware, die man sich hinter den Spiegel stecken kann» etwas aus der Mode gekommen ist. Also erklärt die Künstlerin freundlich und hilft beständig mit vergessenen Postleitzahlen weiter.

Mit Erfolg. Liam (4) und Niall (2) malen mit ihrer Mutter Rose Weigand (39) liebevolle Grüße an Oma und Patenonkel. Michael Günther (21) und Wolfgang Kamper (30) schreiben gemeinsam einem Freund in Neuseeland und bekennen: «Das ist ein Eckele her, dass wir eine Karte geschickt haben.»

Auch Petra Keßling hat zum Stift gegriffen und verrät, dass ihre Karte an ihren Mann geht. Der Hochzeitstag steht nämlich an. «Mir gefällt die ganze Aktion», lobt die 44-Jährige. «Ich werde mir auch noch die anderen Container anschauen.»

Eine kleine Premiere gibt es um «12 nach 12» im Kunst-Kasten von Heike und Helmut Hahn auf dem Kohlenmarkt: Petra Nacke, Autorin und Sängerin, spricht mit Gästen und zufällig Vorbeischauenden über die zarten Objekte aus Seife, die in den Plexiglaskugeln im Container schweben: «Für mich sind das Traumblasen», bekennt Nacke und regt damit eine angeregte Diskussion über Wünsche und Sehnsüchte an. Die «12 nach 12»-Treffen wird es übrigens während der containART täglich an einem anderen Treffpunkt geben.

Für Claudia Floritz, Kulturamtschefin und Projektleiterin, hat sich zu diesem Zeitpunkt schon ein Traum erfüllt: Sie ist froh, dass die zwölf Container tatsächlich in Fürth gelandet sind: «Um ein Haar hätten wir nämlich zur Hauptbauzeit im Sommer keine bekommen . . .» Das wäre verflixt schade gewesen. (Siehe auch Kultur, Seite 5.) SABINE REMPE