Der Fürther Südstadthahn tappt in die Falle

26.6.2014, 06:00 Uhr
Ausgeflattert: Der Hahn direkt nach seiner Ergreifung.

© privat Ausgeflattert: Der Hahn direkt nach seiner Ergreifung.

Damit kann die „Akte Südstadthühner“ nach rund 14 vogelwilden Monaten geschlossen werden. Darf man ihn jetzt den Hühnerflüsterer nennen oder gar als den Helden der Stunde bezeichnen? Karl-Heinz Pflugmann winkt fast empört ab. Nein, er hat das gern gemacht, beteuert der 59-Jährige. Für seine Stadt und für den Oberbürgermeister, dessen Vater „doch mein übernächster Nachbar ist“. Pflugmann, Chef des Kleintierzuchtvereins Fürth-Stadeln, hat wohl auch ein bisschen sein Experten-Ehrgeiz dazu getrieben, sich wochenlang auf die Lauer zu legen – auf der Jagd nach Federvieh der ganz besonderen Art.

Acht Hühner an Ostern

Rückblende: Ostern 2013 tauchen sie urplötzlich in der Landmannstraße auf: acht Hühner, die das sehr urbane Quartier ganz in der Nähe der infra unsicher machen. Keiner weiß, woher sie kommen, keiner, wem sie gehören – aber sie spalten die Anwohnerschaft in Hühner-Sympathisanten, die sich am unverhofft ländlichen Flair erfreuen, und Hühner-Hasser, denen das Krähen in aller Herrgottsfrühe gewaltig auf den Wecker geht.

Letztere beschweren sich immer öfter beim städtischen Ordnungsamt, das sich, radikales Faustrecht befürchtend, zum Handeln entschließt – allerdings mit durchwachsenem Erfolg: Obwohl sich Tierschützer, Polizei, Geflügelzüchter, ein Jagdpächter, der Stadtförster, ein Abgesandter des Nürnberger Tiergartens und sogar ein herbeigeschaffter Zweithahn als Lockvogel nach Kräften abmühen, bleiben ein Hahn und drei Hennen auf freiem Fuß.

Schließlich fährt die Kommune, mehr und mehr im Fokus der Öffentlichkeit, schweres Geschütz auf. Feuerwehrleute pirschen sich, inzwischen von den Kameras eines Fernsehsenders begleitet, Ende Februar nach Einbruch der Dunkelheit per Drehleiter an die Birke zwischen Industriehallen heran, auf der die Tiere zu nächtigen pflegen. Sie können die drei Hennen fassen, der Hahn allerdings geht ihnen erneut durch die Lappen.

Der zweite Anlauf eine Woche später scheitert ebenfalls. Als die Feuerwehr auf Armlänge herangekommen ist, flattert das Objekt der Begierde wieder davon und verkriecht sich auf einem unübersichtlichen Lagerplatz für Autoteile.

Die Strategie

Auftritt Karl-Heinz Pflugmann: „Des kann doch ned sei, den muss mer doch krieg’n“, sagt sich der Geflügel-Fachmann, der von Beginn an in die Hühner-Hatz involviert war. „Wos maansd’n du, Fritzsche“, fragt er den Züchter-Kollegen Karlheinz Fritzsche aus dem benachbarten Vach, gemeinsam hecken sie eine Strategie aus: Immer wieder, „bestimmt zwanzigmal“, macht sich Pflugmann meist bei Tagesanbruch auf den Weg vom Norden Fürths in den tiefen Süden, einen Käfig mit Lockhenne im Gepäck. Den platziert er unermüdlich unter dem Schlafbaum, streut Futter aus, will sich so das Vertrauen des Hahns erschleichen, der, wie der Experte weiß, nach all dem Stress auf der Flucht „sehr schreckhaft“ ist. Pflugmann hat Verständnis: „Die einen woarn ihm gut g’sonnnen, die andern schlecht – der hat doch nimmer g’wussd, wie er dran is.“

Mitte Juni schließlich hat Pflugmann Erfolg – warum, weiß er bis heute nicht, „eine Portion Glück“ brauche man halt einfach. Schnurstracks jedenfalls macht sich der Hahn auf den Weg in den Käfig. Was dann passiert, beschreibt Pflugmann wie folgt: „Der woar so vertieft in die Henne, dass ich den Käfig einfach zumachen hob können.“ Drei Tage lang verwahrt der erfolgreiche Jäger seinen Fang in der Stadelner Kleintierzuchtanlage, dann holt ihn das Nürnberger Tierheim ab, wo der Hahn nun auf eine neue Heimat hoffen darf.

Ein glückliches Ende, das auch den Fürther Ordnungsamtschef Hans- Peter Kürzdörfer rührt. Froh sei er, dass der Hahn lebend gefasst werden konnte, dass keiner der entnervten Anwohner kurzen Prozess mit dem Federvieh gemacht hat.

Und für ihn selbst, gesteht der Mann, der seit 36 Jahren in Diensten der Behörde mit sonst weniger vergnüglichen Aufgaben steht – für ihn gehört die Affäre Südstadthuhn „zu den Highlights meiner Laufbahn“.

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