Die «Tafel» wächst ins Fürther Land

6.2.2009, 00:00 Uhr
Die «Tafel» wächst ins Fürther Land

© Esterl

Frau Pohr, Tafel-Einrichtungen sind an sich ein städtisches Phänomen. Von Außenstehenden wird Roßtal eher als Ort mit viel Bürgersinn, in dem sich die Menschen noch umeinander kümmern, wahrgenommen. Braucht Roßtal eine Tafel?

Pohr: Die Zahlen sprechen dafür, dass es auch in Roßtal Menschen gibt, die die Tafel brauchen können. 200 Hartz-IV-Empfänger leben hier, Grundsicherung erhalten 15 Roßtaler. Außer ihnen dürfte es auch etliche Rentner geben, die unter der Einkommensgrenze der Tafel liegen. Gerade am Land haben die Frauen oft wenig oder gar nicht gearbeitet, weil sie für die Familie da waren oder am Hof gebraucht wurden. Entsprechend niedrig sind die Altersbezüge. Und die Situation der Familien wird immer schwieriger, die Zahl der allein Erziehenden wächst. Wie sich die Finanzkrise auswirken wird, weiß keiner, aber deren Folgen werden vor Roßtal nicht Halt machen. Die Tafel wird immer notwendiger.

Nur die verwitwete Altsitzerin am Dorf wird sich schwer tun, nach Roßtal zur Ausgabestelle zu kommen . . .

Pohr: Deshalb hat es mich gefreut, dass beim Informationsabend auch viele Bürger aus den Ortsteilen da waren. Wir überlegen, einen Bringdienst einzurichten, das könnten diese Leute dann übernehmen.

Charakteristikum einer eher ländlich geprägten Marktgemeinde wie Roßtal ist, dass jeder jeden kennt. Die Anonymität der Stadt erleichtert es, die Tafel in Anspruch zu nehmen. In Roßtal dürfte die Hemmschwelle erheblich höher liegen, oder?

Pohr: Das ist der Punkt, bei dem ich die größten Bedenken habe. Ich habe mir die Steiner Ausgabestelle angesehen. Da lief es anfangs auch sehr schleppend, mittlerweile kommen regelmäßig 50 Leute. Ich hoffe, dass die Roßtaler diese Hemmschwelle auch überwinden werden. Und es muss jedem Helfer klar sein, dass es der Sache nicht dient, herumzuerzählen, wer die Ausgabe nutzt. Da braucht es Diskretion. Wir fangen jetzt einfach mal an und schauen, ob das Angebot angenommen wird.

Wer darf sich ab 20. März an der Roßtaler Tafel anstellen?

Pohr: Berechtigt ist, wer weniger als 750 Euro im Monat zur Verfügung hat. Für jedes weitere Familienmitglied werden 300 Euro angerechnet. Auf jeden Fall können also diejenigen kommen, die einen Bescheid von einer Sozialbehörde haben. Das Einkommen muss nachgewiesen werden, dann stellt die Fürther Tafel einen Berechtigungsausweis aus. In Roßtal wird das am Freitag, 6. März, von 16 bis 18 Uhr im Gemeindehaus passieren. Außerdem werden diese Scheine im Fürther Tafelladen in der Mathildenstraße ausgegeben.

Ihr Informationsabend war prima besucht. Haben Sie die Helfer, die Sie brauchen, jetzt zusammen?

Pohr: Von der Resonanz war ich überwältigt: über 60 Leute, mit so viel Hilfsbereitschaft haben wir nicht gerechnet. Schon vor dem Termin hatten 22 Roßtaler zugesagt, die Tafel zu unterstützen. Nach dem Abend stehen 36 Namen in der Helferliste, darunter auch sieben Fahrer, die fehlten noch. Jetzt dürfte alles reibungslos zu organisieren sein.

Was müssen die Helfer leisten?

Pohr: Damit sie günstig unfallversichert werden können, müssen sie für 16 Euro Jahresbeitrag Mitglied im Tafelverein werden, die Teilnahme an einer Gesundheitsbelehrung ist ebenfalls Pflicht. Am Ausgabetag ab 8 Uhr werden dann Lebensmittel eingesammelt, von 10 bis 12 Uhr wird sortiert, ansehnlich hergerichtet und aufgebaut, dann ist Ausgabe. Als Grundsatz gilt, wir geben nichts ab, was wir selbst nicht auch essen würden. Und wenn der Joghurt grenzwertig ist, wird er eben im Selbstversuch getestet, das wird protokolliert.

Die Fürther Tafel holt mittlerweile jeden Tag zwei Tonnen Lebensmittel in verschiedensten Geschäften ab. Haben Sie für die Roßtaler Ausgabestelle schon Zulieferer gewonnen?

Pohr: Es ist toll, wer uns alles unterstützt. Grundsätzlich waren alle sehr offen und wer ablehnte, hatte einen guten Grund dafür, in einem Fall, weil er der Ansbacher Tafel zuliefert, in einem anderen werden die Lebensmittel kurz vorm Verfallsdatum zum halben Preis abgegeben, wofür es auch dankbare Kunden gibt. Und, um das klarzustellen, was übrig bleibt, nehmen nicht etwa die Helfer mit nach Hause. Das wird nach Fürth gefahren, wo es bei der Samstagsausgabe verteilt wird. Interview: SABINE DIETZ

www.fuerther-tafel.de