Diskorauch

1.12.2009, 00:00 Uhr
Diskorauch

© Thomas Scherer

Das alles wäre ja nicht passiert, wenn ich nicht vorher mit dem Diskobesitzer gesprochen hätte. Der Abend wäre ganz anders ausgegangen, wenn er mir nicht seine Zusage gegeben hätte, dass in dieser Nacht kein Rauch auf die Tanzfläche geblasen wird. Im entgegengesetzten Fall wären wir überhaupt nicht in diese Diskothek gegangen. Hören Sie, ich bin Geschäftsmann! Ich kann mir solche Sperenzchen in meinem Betrieb nicht leisten. Entweder man gibt sein Wort oder man lässt es bleiben.

Natürlich habe ich versucht, mit dem Mitarbeiter zu reden. Ich habe gesagt: «Herr Rauchmeister, bitte unterlassen Sie diesen Qualm! Meine Freundin hat eine Allergie.» Er hat immer nur «Was, ich verstehe Sie nicht!» gerufen. Ich habe mich vor ihm hingestellt, ganz höflich, sein Ohr genommen und in das Ohr hineingeschrien: «Ihr Chef hat Ihnen den Rauch verboten! Heute Abend ist diese Disko rauchfrei!» Er hat mich angesehen wie ein Eichhörnchen, wenn es blitzt. «Meine Freundin hat nichts gegen Zigarettenrauch», habe ich gesagt. «Auch nichts gegen Ihre Joints! Aber sie verträgt dieses künstliche Gebläse nicht! Verstehen Sie?» Er hat mich wieder nur angesehen. «Mach den Rauch aus, du Sau!» habe ich gesagt. Irgendwann platzt einem doch die Hutschnur. Und: «Wenn du nicht sofort diese Maschine ausdrehst, bring ich dein Gesicht und diesen Apparat zusammen!»

Die Situation wäre nicht eskaliert, wenn er sich wie ein normaler Mensch verhalten hätte. Ich habe gesagt: «Ich pump dir den Rauch in den Arsch! Mach das Ding aus! Du siehst doch, wie meine Freundin niest.» Und sie hat geniest. Zweimal. Zehnmal. Dreißigmal. Sie hat gar nicht mehr aufgehört zu niesen. Ich hatte nicht genügend Taschentücher, um ihre Niesattacken zu stillen. Immer mehr Rauch ist auf die Tanzfläche geflossen. Ich habe den Mitarbeiter gepackt und, ganz vorsichtig, auf den Boden aufgesetzt. Und dann habe ich dieses Ding genommen und auf ihn drauf geworfen.

Ich weiß, dass es 37 Knochenbrüche, 14 Gehirnerschütterungen und einen Milzriss gegeben hat. Aber wenn man sein Personal nicht im Griff hat, muss man eben eine Diskothek verpachten. Statt einen unbescholtenen Gast hinterrücks anzuzeigen, hätte ich mir den Herrn Rauchmeister vorgeknöpft. Was glaubt der eigentlich, wen er vor sich hat? Die richtige Schlägerei ist ja erst hinterher losgegangen, als wir schon längst bei der Notaufnahme in der Klinik gewesen sind. Zum einen wegen meines Arms und zum anderen wegen meiner Freundin. Feuerrote Augen und Asthma. Aber der Herr Diskobesitzer wäscht seine Hände in Unschuld. Und nein, dieses Telefonat kann ich nicht beweisen. Ich bin nicht Ihr alter Innenminister, der alles mitschneidet.

War’s das? Ich höre von Ihnen? Gut. Aber eines sage ich Ihnen gleich. Ich gehe nächstes Wochenende wieder in diese Diskothek und wehe, wenn dann kein Rauch aus der Maschine kommt. Dann schlage ich den Laden und alle Gäste, die da herinnen sind, kurz und klein. Und wenn der Geschäftsführer plötzlich auftaucht, halte ich sein Gesicht in den Dampf, bis er keine Luft mehr bekommt und seine Augen wie die Augen von einem Wiesel ausschauen. Notfalls bringe ich selbst eine Maschine mit.

Was, Sie wollen mich dabehalten? So weit kommt’s noch. Für ein Delikt, das ich noch gar nicht begangen habe, kann mich keine Polizei von ganz Deutschland festnehmen, auch nicht in Bayern. Kein Schutzmann wie Sie, aber auch kein Schäuble und kein de Maizière.

Auf Wiedersehen - und rauchen Sie eine zur Beruhigung! Ich kenne meine Rechte in diesem Land.