Ein Fürther, der die Nürnberger beeindruckte

7.4.2011, 10:30 Uhr
Ein Fürther, der die Nürnberger beeindruckte

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Die Lorenzkirche in Nürnberg hatte er über ein halbes Jahrhundert lang als Baumeister betreut — sie war sein zweites Zuhause. Auch nach der Verabschiedung in den Ruhestand im Jahr 1993 blieb Stolz den Nürnberger Gotteshäusern treu: Er beschäftigte sich bis zuletzt mit St. Lorenz und St.Sebald. Kurz vor seinem Tod brachte man ihm noch den frisch gedruckten Kirchenführer von St. Lorenz ins Krankenhaus, für den er einen Artikel über die Baugeschichte verfasst hatte.

Der gelernte Maurer und studierte Architekt kannte sich bestens aus mit den baulichen Schwachpunkten der mittelalterlichen gotischen Kirchen. Doch ihn interessierte nicht allein Statik, Material und Bauzustand: Er war tief beeindruckt von dem christlichen Geist, der sich in den Kunstwerken widerspiegelte: der weltbekannte „Englische Gruß“ von Veit Stoß, das fast 20 Meter hohe Sakramentshaus von Adam Kraft, die riesigen Kaiserfenster — Stolz hatte großen Respekt vor der Leistung früherer Generationen.

Als überzeugter Protestant sah er seine Aufgabe darin, die Kunst- und Glaubenszeugnisse aus der fernen Vergangenheit für die Gegenwart auszudeuten und für die Zukunft zu bewahren. Der Kirchenbaumeister von St.Lorenz und St.Sebald schloss daher Wartungsverträge für die Glas-, Stein- und Holzkunst ab.

Stolz verschaffte sich durch seine jahrzehntelange Arbeit ein umfassendes, fundiertes Wissen. Und er ließ Interessierte gerne daran teilhaben, ohne zu prahlen oder sich in den Vordergrund zu drängen. Es war immer interessant, mit dem Baumeister die unzähligen Treppenstufen in den Türmen von St. Lorenz oder St. Sebald hinaufzusteigen und dabei — schwer schnaufend und ein wenig atemlos — mehr über die Baugeschichte und die „Wehwehchen“ der Sandstein-Konstruktion zu erfahren.

Geboren und wohnhaft in Fürth, schaffte er sogar das Kunststück, 23 Jahre lang als Nürnberger Stadtheimatpfleger zu wirken. Ob zum umstrittenen Augustinerhof, zum ehemaligen Reichsparteitagsgelände oder zur neuen, im Kreis angeordneten Bestuhlung der Innenstadtkirche St. Elisabeth: Der Fachmann brachte seine Haltung pointiert ein — unaufdringlich, aber mit Nachdruck. Dass man nicht immer auf seinen Rat hörte, nahm der Experte gelassen: „Mit kleinen Niederlagen muss man sich abfinden, meine Meinung ist auch nicht allein selig machend“, merkte er einmal fröhlich und entspannt an.

Zuletzt fertigte Stolz den Entwurf für die Kerzenwand in St. Lorenz an: In 144 kleine Häuschen können Gläubige ein Licht aufstellen, wenn sie ihrer Verstorbenen gedenken. „Es ist ein Symbol für die Ewigkeit“, merkt Dekan Jürgen Körnlein von St.Lorenz an. Georg Stolz wusste, dass er den langen Kampf gegen seine Krankheit verloren hatte und dass es mit ihm zu Ende geht.

Mit seiner schönen, klaren Handschrift notierte er vor wenigen Tagen noch den Satz auf einen Zettel, den er für seine Todesanzeige ausgesucht hat: „Vater, in Deine Hände befehle ich meinen Geist.“ Am Mittwoch wurde der 81-Jährige auf dem Fürther Friedhof beerdigt.