Ein Leben für Fürths Kino

8.1.2012, 10:00 Uhr
Ein Leben für Fürths Kino

© Seilkopf

 Ein Kino von innen, mit Kasse, Popcornstand und den gemütlichen Sesseln, das hat sicherlich jeder schon mal gesehen. Doch wie kommt der Film auf die Leinwand? Was geschieht in einem Vorführraum? Ja, wie sieht es dort überhaupt aus? Um es vorauszuschicken: eher unspektakulär. Am ehesten wohl wie in der Werkstatt eines Hausmeisters.

Da stehen Reinigungs- und Putzmittel auf einem Schränkchen, sind Zettel an die Pinnwand gezwickt, liegen Werkzeuge bereit, stapeln sich Kartons der gezeigten Filme. Ungewöhnlich ist nur das große, graue Ungetüm, das rattert und leuchtet und wagenradgroße Spulen dazu bringt, Filmband ab- und auf einem zweiten Rad wieder aufzuspulen.

In vier Räumen betreut Karl-Heinz Strübbe, Fürths erfahrenster Filmvorführer, die großen, grauen Projektoren. 40, 50 Jahre alt sind diese Ungetüme, die nach dem bevorstehenden Aus für das Kino wahrscheinlich nie wieder Bilder zum Laufen bringen und wie Techno-Saurier wirken im Zeitalter von DVD und Festplatte. 20 Kilo und mehr wiegen allein die Spulen, auf die ein kompletter Film erst aufgewickelt werden muss, bevor er gezeigt werden kann.

Dafür wiederum muss die Filmschlange aus mehreren Stücken zusammengefügt werden. Diese Teile heißen „Akte“, fünf davon ergeben etwa den 1600 Meter langen Filmstreifen „Der gestiefelte Kater“. Bunt markiert sind die Stellen, an denen der Vorführer die Teile mit Klebeband verbunden hat. Hier wird er den Film am Ende auch wieder teilen und an den Verleiher zurückschicken.

Dass Strübbe eine Rolle auf den Spulenturm hängt und der Film dann von Beginn an bis zum Ende durchläuft, ist auch nicht immer so gewesen. Die ersten Projektoren wurden noch mit Kohlelampen betrieben, deren Stifte nach einer Viertelstunde verglühten. Dann musste Strübbe auf einen zweiten Projektor umschalten und die Stifte erneuern. Klappte das nicht ganz reibungslos, bekamen die Zuschauer Randmarkierungen vom Filmband zu sehen — oder kurzzeitig gar nichts mehr.

„Guter Geist“

Als gelernter Maschinenbauer, der schon als Lehrling „nebenbei, für ein paar Kröten“, Filme vorführte, konnte Strübbe die eine oder andere Sache selbst reparieren. Sein Chef, Kinobetreiber Alfred Ach, lobt ihn als absolut pünktlichen und zuverlässigen „guten Geist“ des Hauses. Und zwar sei er einer, der sich nicht nur mit der Technik, sondern auch mit den Inhalten der Filme und den Schauspielern auskenne.

Ein Leben für Fürths Kino

© Aslanidis



Woran sich der sonst eher wortkarge Strübbe besonders gern erinnert, das sind die Premieren. Darsteller wie Thomas Gottschalk waren da, Mike Krüger, Iris Berben, Katja Riemann. Der junge Til Schweiger habe die Frauenwelt in Fürth ganz schön auf Trab gebracht. Beeindruckt hat Strübbe vor allem „die ganze Mannschaft der Comedian Harmonists“. „Die Premieren waren immer toll“, erinnert sich der Mann, der fürs Kino lebt. Derzeit weiß er noch nicht, wie es nach der Schließung im Mai, wenn der Komplex für das neue Einkaufszentrum geräumt werden muss, für ihn weitergehen wird.

Darauf werden ihn wohl noch viele ansprechen, deren Wachsen und Werden er miterlebt hat. Besucher, die einst mit ihren Eltern da waren und nun mit den eigenen Kindern die breite Treppe mit dem geschwungenen Geländer eines Fürther Schmiedes erklimmen. Doch so wie es keine Eispause vor dem Hauptfilm mehr gibt, so wird auch das ganze Haus verschwinden.

Doch wohin mit dem riesigen Fundus alter Werbemittel, den das Kino in einem Raum bis unter die Decke beherbergt? Nicht nur Strübbe stellt sich die Frage, was von Fürths Kinogeschichte bleibt, wenn er die letzte Spule aufhängt, Knöpfe drückt und die Leinwand mit einem Film in Breitband oder Cinemascope bespielt.

Am Ende wird neben einer aufregenden Zeit mit vielen Erinnerungen für ihn immerhin eine Urkunde bleiben. Sie bestätigt Karl-Heinz Strübbe „treue Dienste im City-Kinocenter Fürth.“
 

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