Ein Wegbegleiter in einer schweren Zeit

29.10.2011, 10:00 Uhr
Ein Wegbegleiter in einer schweren Zeit

© Kohler

Nach der Scheidung der Eltern fiel Manuel in ein Loch. Die allein gelassene Mutter kam mit ihm und seinen drei Geschwistern nicht mehr klar. Der 13-Jährige begann, die Schule zu schwänzen. Zu Hause saß er vor dem Fernseher oder tauchte in der Welt von Computerspielen ab. Auch sein Klassenlehrer kam nicht mehr an ihn heran, die Noten sackten in den Keller. Dass in nur zwei Jahren mit dem Schulabschluss und der Suche nach einem Ausbildungsplatz wichtige Weichenstellungen für sein Leben anstanden, kam Manuel nicht in den Sinn. Er war überzeugt: Mich braucht eh niemand, ich kann nichts.

Dann trat Peter Steinbrecher in sein Leben. Der 45-Jährige wollte sich neben seinem Beruf ehrenamtlich engagieren und landete bei Schülercoach. Manuels Mutter willigte ein, dass sich Steinbrecher einmal die Woche für wenige Stunden mit ihrem Sohn trifft.

Bis sich der Junge öffnete, vergingen Wochen, doch dann verwandelte sich das ungleiche Paar in ein gutes Team. Sie unternahmen regelmäßig etwas zusammen, führten unzählige Gespräche. Der Erwachsene motivierte, baute auf, bis Manuel erkannte, dass das Leben mehr zu bieten hat als TV-Talkshows und virtuelle Welten. Zwei Jahre später schaffte er den Quali, jetzt hat er eine Ausbildung begonnen.

„Es ist so wichtig, dass junge Leute jemanden haben, der an sie glaubt“, sagt Peter Held, der das Projekt Schülercoach 2005 in Cadolzburg aus der Taufe gehoben hat. Doch nach seinen Erfahrungen fehlt vielen Jugendlichen diese Wertschätzung. Zudem sehen sich manche Eltern nicht in der Lage, ihrem Kind in dieser Lebensphase ausreichend zu helfen.

Peter Steinbrecher und Manuel gibt es nicht wirklich. Aber laut Held spiegelt dieses fiktive Beispiel gut wider, was Schülercoaches seit sechs Jahren leisten. Inzwischen engagieren sich 350 Ehrenamtliche an 26 Schulstandorten – vor allem im Landkreis Fürth, aber auch in Dinkelsbühl und Lauf. In der Stadt Fürth sind sie nur an der Seeacker- und der Pestalozzi-Schule im Einsatz. Das soll sich ändern.

100 bis 150 Helfer gesucht

„Wir wollen nach und nach die anderen Fürther Schulen abdecken“, sagt Held. An den acht Mittelschulen sieht er insgesamt einen Bedarf von 100 bis 150 Coaches. Diese brauchen Held zufolge vor allem Einfühlungsvermögen und eine gewisse Lebenserfahrung. Jeder Coach sei eingebunden in eine Gruppe, in der angeleitet wird, Rückhalt erfährt und sich austauschen kann. Held betont, dass die Coaches weder die Eltern noch die Lehrer ersetzen sollen. „Sie sind lediglich eine Ergänzung des sozialen Umfelds.“ Unterstützung erfährt das Projekt von der Kreishandwerkerschaft, die sich sorgt, künftig nicht genügend „ausbildungsreifen“ Nachwuchs zu haben, außerdem vom Freiwilligenzentrum und der Stadt Fürth. Bürgermeister Markus Braun nennt die Coaches „wertvolle Lotsen, die Orientierung und Halt geben“.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt nach Peter Helds Worten in der Eins-zu-Eins-Betreuung. „Berufsberatung und all das ist wichtig“, sagt Held, schränkt aber ein: „Emotionale Probleme kann man nicht rational lösen.“ Das sei nur möglich, wenn ein Erwachsener einen Schüler über zwei, drei Jahre begleitet und dabei ein Vertrauensverhältnis aufbaut. „Der Jugendliche muss wieder an sich glauben, sein eigenes Potenzial entdecken und bereit sein, es zu nutzen“, betont Held: „Und das funktioniert nur über die Beziehungsebene.“

Mehr über Schülercoach im Internet: www.der-schuelercoach.de und an vier Infoabenden in Fürth (jeweils um 19.30 Uhr): 9. November, Mittelschule Hans-Sachs-Straße; 10. November, MS Pestalozzistraße; 14. November, MS Schwabacher Straße; 15. November, MS Seeackerstraße.

Keine Kommentare