Eine Welle der Hilfsbereitschaft

9.10.2010, 09:00 Uhr
Eine Welle der Hilfsbereitschaft

© Scherer

Frau Wiesinger, wie geht es Ihrem Mann?

Wiesinger: Er ist in der Uni-Klinik in Erlangen. Körperlich ist er einigermaßen fit. Aber die zweite Chemotherapie haben die Ärzte abgebrochen, weil die Blutwerte bedenklich wurden. Sein Immunsystem ist völlig heruntergefahren, so dürfen nur unsere Tochter Annika und ich ihn besuchen. Aber telefonisch halten viele im Ort Kontakt zu ihm.

...Und nicht nur das, oder?

Ohr: Es hat sich schnell herumgesprochen, was los ist, und alle, die Jürgen kennen, speziell bei der Feuerwehr und bei den Handballern, waren tief betroffen. Da haben wir beschlossen, eine Typisierungsaktion mit der DKMS, der Deutschen Knochenmarkspenderdatei zu organisieren. Der Termin steht: Am 21. November, 10.30 bis 16.30 Uhr, hoffen wir, dass möglichst viele Menschen ins FFW-Haus kommen, um sich als Spender von Blut-Stammzellen registrieren zu lassen.

Was erwartet diese Spender?

Schuh: Ein kleiner Piecks in die Armbeuge, bei dem fünf Milliliter Blut entnommen werden. Denn wenn Chemo- oder Strahlentherapie nicht anschlagen, hilft oft nur die Transplantation von Stammzellen. Wir hoffen nicht, dass Jürgen Stammzellen braucht, aber wenn, dann haben wir zumindest das Mögliche getan. Und wenn sich für Jürgen nicht die passenden finden, kann ja vielleicht einem anderen geholfen werden. Voraussetzung für eine Transplantation ist, dass zehn entscheidende Gewebemerkmale des Stammzellenspenders mit denen des Erkrankten identisch sind. Wir suchen also den genetischen Zwilling.

Das ist das Problem: In der DKMS sind über zwei Millionen Spender registriert. Trotzdem kann nicht für jeden Patienten der geeignete Spender gefunden werden.

Ohr: Wir sind sehr optimistisch und gehen von mindestens 1500 Leuten aus, die sich typisieren lassen. Von Jürgens Kollegen am Landkreis-Bauhof haben wir die Adressen aller Bauhöfe Nordbayerns. Sie erhalten eine Rundmail mit der Bitte, Blut zu spenden. Landkreisweit sind wir dabei, alle Feuerwehrler zur Typisierung einzuladen. Wir suchen die Nadel im Heuhaufen, aber unsere Magneten sind groß. Und die Unterstützung auch.

Inwieweit?

Schuh: Wir haben hochgerechnet, dass wir an die 100 Helfer brauchen und so wie es aussieht, ist das kein Problem. Allein fünf Ärzte haben zugesagt, uns zu unterstützen. Die Leute, die wir für die Schreibarbeit brauchen, kriegen wir locker von FFW und TV. Und ein befreundetes Paar kümmert sich um die Verpflegung. Aber mir wird ganz schlecht, wenn ich dran denke, wie viel Geld wir brauchen, um all die Blutproben typisieren zu lassen.

Je Spende kostet das 50 Euro. Nach anfänglicher Unterstützung durch das Gesundheitsministerium und die Deutsche Krebshilfe ist die DKMS seit 1994 finanziell auf sich gestellt. Wie wollen Sie das Geld für Ihre Aktion herkriegen?

Schuh: Die Erfahrung zeigt, dass viele Spender bereit sind, die Kosten auch zu zahlen. Aber wir wollen natürlich auch die Menschen gewinnen, die dieses Geld nicht übrig haben und da sind wir auf Spenden angewiesen. Doch auch da hat sich innerhalb von nur einer Woche viel getan. Birgit und Günter Gruber von der Konditorei Pfiffer haben Plätzchen kreiert, die sie zu 1,50 Euro verkaufen. Dieses Geld fließt komplett in die Aktion. Was die Handballer beim Getränkeverkauf am Martinimarkt erlösen, wird ebenfalls gespendet. Außerdem versuchen sie, ein Benefizspiel mit prominenter Besetzung auf die Beine zu stellen. Und wir planen ein Benefizkonzert mit dem Gospelsänger Oliver Schott.

Woher rührt die große Anteilnahme am Schicksal Jürgen Wiesingers?

Ohr: Er ist einfach sehr beliebt, ein liebenswürdiger, hilfsbereiter Kerl, dem der Schalk im Nacken sitzt und der für jeden Spaß zu haben ist. Ein rundum lebensbejahender Mensch eben.

Das sind doch gute Voraussetzungen, um den Krebs zu besiegen, oder?

Schuh: Genau das haben wir Jürgen auch gesagt, denn seine erste Reaktion auf die Diagnose waren Selbstmordgedanken. Die haben wir ihm schnell ausgetrieben. Nach dem ersten Schock ist er jetzt etwas positiver gestimmt. Zwischenzeitlich reden wir nur noch von Heilung.

Ein Spendenkonto ist unter der Nummer 40258345, BLZ 762 500 00 bei der Sparkasse Fürth eingerichtet.