Fürth: Einschnitte bei Grafflmarkt und Weinfest?

26.6.2014, 06:00 Uhr
Hoch die Gläser beim Fürther Weinfest. Die Frage ist wie lange (noch)?

© Hans-Joachim Winckler Hoch die Gläser beim Fürther Weinfest. Die Frage ist wie lange (noch)?

Rechtsreferent Christoph Maier schätzt es, wenn Richter klare Ansagen machen. In Ansbach gab es gleich einige davon, für Wirbel dürfte insbesondere diese sorgen: Prekär könnte es für die Stadt werden, sagte Günter Förster, Vorsitzender Richter der zehnten Kammer des Verwaltungsgerichts, wenn lärmgeplagte Anwohner gegen weitere Veranstaltungen in der Altstadt vorgehen. Denn bei den meisten anderen Festivitäten in der Gustavstraße gebe es „greifbarere Lärmgrenzen“ als beim Fürth Festival, dem das Gericht einen besonderen Stellenwert attestiert. Vier Anwohner waren am Montag mit der Klage gegen das Musik-Festival gescheitert. Im Hinblick auf die übrigen Veranstaltungen, die sie als zu laut empfinden, wurde ihre Position durch das Urteil jedoch gestärkt.

Tags darauf redet auch Maier nicht um den heißen Brei herum. Ja, bestätigt er auf Nachfrage, es sei unklar, was aus dem Weinfest wird. „Man muss sehen, ob es noch attraktiv genug ist, wenn man es so verändern muss, dass die Grenzwerte eingehalten werden“, sprich: Wenn also vielleicht bereits um 22 Uhr oder früher Schluss wäre. Oder wenn es erheblich weniger Sitzplätze gäbe.

Tatsache ist: Beim Weinfest, wie man es zuletzt kannte, werden nach Berechnungen der Kommune die Lärm-Richtwerte überschritten, die das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImschG) bei Veranstaltungen vorsieht. Tagsüber gibt es Maier zufolge keine Probleme, da liege man mit 64 Dezibel unter den erlaubten 70 Dezibel. Kritisch wird es abends. In der „Ruhezeit“ ab 20 Uhr werden 70 Dezibel erreicht, zulässig sind 65. Und während der „Nachtruhe“ ab 22 Uhr ist es – obwohl dann keine Musik mehr gespielt wird – offenbar kaum leiser (69 Dezibel); der Richtwert liegt bei 55 Dezibel. „Selbst wenn die Leute nur dasitzen, friedlich ihren Schoppen Wein schlürfen und sich unterhalten, werden die Grenzwerte überschritten“, sagt Maier. Bislang konnten die Gäste das gesellige Beisammensein am Freitag und Samstag bis 24 Uhr genießen, an den anderen Tagen bis 23 Uhr.

Auch über das Stadtfest müssen sich die Verantwortlichen wohl Gedanken machen. Sobald die Urteilsbegründung vorliegt, „werden wir unsere Spielräume für die Veranstaltungen ausloten“, sagt Maier. Doch die Tendenz sei klar.

Das sehen die Anwohner ebenso: Das Scheitern der Klage empfinde man nicht als Niederlage, sagt deren Anwältin. Nun sei immerhin klar, dass für die meisten Veranstaltungen Grenzwerte zu berücksichtigen sind. Aus Sicht der Juristin ist jetzt die Stadt „im Zugzwang, auf meine Mandanten zuzugehen und ihnen etwas anzubieten“. Werde kein Kompromiss gefunden, bleibe ihnen nichts anderes übrig, als weiter den Klageweg zu beschreiten. Dies übrigens können die Anwohner, von denen einer aus „gesundheitlichen Gründen“ weggezogen ist und zwei einen Zweitwohnsitz für nötig erachten, weiterhin: Auch als Eigentümer der Häuser dürfen sie vor Gericht ihre Interessen vertreten, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz in Fürth haben.

Beschwerden über Grafflmarkt-Ausschank

Schon am Freitag könnte es Einschnitte geben: Die Anwohner klagten auch über den „unzumutbaren Lärm“ vor ihren Häusern, wenn sich nach dem Graffeln viele Menschen in der Gustavstraße versammeln. Dort bieten einige Wirte mit Erlaubnis der Stadt einen Ausschank im Freien bis 1 Uhr an.

In der Verhandlung attestierte das Gericht auch dem Grafflmarkt jene "ganz besondere Bedeutung“ für die Kleeblattstadt; hier dürfe es daher lauter zugehen als bei anderen Veranstaltungen. Allerdings ließen die Richter offen, ob diese „ganz besondere Bedeutung“ auch für den spätabendlichen Ausschank gilt. Der Vorsitzende Richter deutete zumindest Zweifel an.

Wie das Gericht erneut klarstellte, können die Anwohner nicht gegen mehrere Veranstaltungen gleichzeitig vorgehen, sondern müssen jedes Mal eine neue Klage einreichen. Mit der aktuellen fordern sie, die Sondergenehmigung für die Bewirtung im Freien aufzuheben.

Der Stadtrat beauftragte die Verwaltung gestern einstimmig, sich umgehend gerichtlich gegen den Antrag zu wehren. Die Stadt möchte, so Ordnungsamtschef Hans-Peter Kürzdörfer auf Nachfrage, den Besuchern des Grafflmarkts wie bisher ermöglichen, den Abend gesellig ausklingen zu lassen.

Um 0.30 Uhr sollen die Wirte den Außenausschank beenden, damit um 1 Uhr Ruhe einkehrt. Wie berichtet, hatten die Gastronomen angeboten, am Freitag auch innen den Betrieb um 1 Uhr – statt wie bisher um 2 Uhr – zu beenden, damit die Anwohner nicht durch eine zweite Welle von heimkehrenden Menschen gestört würden. Das war den Klägern zu wenig. Das Gericht wird nun eine Eilentscheidung treffen müssen

 

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