Fürth: Heftiger Streit um Klimaschutzbemühungen

15.7.2015, 06:00 Uhr
Fürth: Heftiger Streit um Klimaschutzbemühungen

© Archivfoto: Winckler

Die jüngste Hitzeperiode haben die Fürther noch nicht vergessen. Mittendrin in dieser Glutofenzeit verriet Oberbürgermeister Thomas Jung den FN, was er tut, um das Wetter zu ertragen. Er schlafe, sagte er, auf einer Matratze im Hobbykeller.

Die Grünen in Fürth schlachten diese Aussage des Rathauschefs nun genüsslich für ihre politischen Ziele aus. „In den Keller abzutauchen, reicht nicht“, schreiben sie in einer Pressemitteilung. Denn was die Deutschen vor kurzem erlebt haben, sei nur ein erster Vorgeschmack.

Die Zahl der Hitzetage pro Jahr werde wegen des Klimawandels von zwölf auf 23 im Jahr 2040 und auf 46 bis zum Ende des Jahrhunderts steigen. Quelle: das Klimagutachten der Stadt Nürnberg von 2014. Die Schlussfolgerung der Ökopartei: „Fürth braucht einen ambitionierten Klimaschutzfahrplan bis 2050.“

Klimaschutzfahrplan – da war doch was? Richtig: 2008 stellte die Stadt ein Zehn-Punkte-Programm auf, um bis 2020 über 20 Prozent des Treibhausgases Kohlendioxid einzusparen. So versprachen die Verantwortlichen im Rathaus, mehr Gebäude energetisch zu sanieren, den ÖPNV und das Radwegenetz auszubauen.

"Ein paar Prestigeprojekte" beim Klimaschutz

Ein wichtiger Schritt war das, meinen die Grünen, doch niemand wisse, was die Stadt von diesen Punkten genau umgesetzt hat. Anträge, einen Zwischenstand zu ermitteln, würden von der Stadtratsmehrheit laufend verschoben. „Wir wissen fünf Jahre vor 2020 nicht, wo wir stehen und ob wir unser Ziel erreichen werden“, klagt Stadträtin Waltraud Galaske.

Dem Rathaus bescheinigt sie, beim Klimaschutz „ein paar Prestigeprojekte“ verwirklicht zu haben, aber die Hausaufgaben nicht zu machen. „Energieeinsparung und Energieeffizienz müssten viel intensiver vorangetrieben werden.“ Dazu gehöre, bei den Bürgern für eine Energiewende zu werben und sie zu beraten. Kraft-Wärme-Kopplung – das gleichzeitige Erzeugen von Strom und Wärme – müsse in Form kleiner Blockheizkraftwerke in Mehrfamilienhäusern Verbreitung finden. Und: Statt von ihren Steuerungsmöglichkeiten Gebrauch zu machen und in Bebauungsplänen etwa Vorgaben zu machen, wie Flachdächer zu begrünen sind, habe die Stadt mit „unsinnigen Großprojekten“ wie Möbel Höffner die Flächenversiegelung vorangetrieben.

"Planungswahn der 70er"

Im Rathaus löst der Vorstoß harsche Reaktionen aus: „Es kann sich wohl nur um den Versuch der Grünen handeln, sich mal wieder mit längst abgekauten Vorwürfen gegen die Stadt in Erinnerung zu rufen“, teilen Oberbürgermeister Jung (SPD) und Umweltreferent Christoph Maier (CSU) auf FN-Anfrage unisono mit.

Fakt sei, dass der Fürther Klimaschutzfahrplan den Zeitraum 2010 bis 2020 umfasst. Eine Halbzeitbilanz wäre also 2015 fällig – und die soll es im Herbst auch geben. „Das müssten die Grünen wissen, wenn sie im Ausschuss zugehört haben“, heißt es aus dem Rathaus. Darüber hinaus habe der Umweltausschuss im Januar einstimmig – also mit den Grünen – abgesegnet, einen „Energienutzungsplan“ zu erstellen – und zwar zusammen mit der infra und dank Fördergeld des Freistaats. Dieses Papier soll nicht nur den klimapolitischen Ist-Zustand aufzeigen, sondern auch Maßnahmen für die Zeit nach 2020.

Jung und Maier werfen den Grünen vor, noch immer dem „Planungswahn der 70er und 80er Jahre“ anzuhängen: „Sie meinen, Politik sei die Anfertigung von möglichst vielen teuren Gutachten.“ Die Stadt investiere das Geld lieber in handfeste Projekte wie den Ausbau regenerativer Energien, Wiederaufforstungen, mehr Straßenbäume und renaturierte Flusstäler.

Rathaus: Fürth ist Spitzenreiter

Nach Angaben aus dem Rathaus erzeugt in der Metropolregion keine Kommune so viel Strom aus erneuerbaren Energien wie Fürth: Der Anteil betrage 8,8 Prozent, in Erlangen 2,4 Prozent, in Nürnberg zwei Prozent. Zudem sei die Landschaftsschutzfläche im Stadtgebiet seit 2003 um sieben Hektar gewachsen und die Waldfläche um 68 000 Quadratmeter. Zehn Gewässer, darunter der Scherbsgraben, der Bucher Landgraben und die Pegnitz, wurden ausgebaut bzw. renaturiert, und entlang von Straßen und Wegen stehen 2000 Bäume mehr als noch vor zehn Jahren.

Die Grünen besänftigt das nicht. Einige der aufgezählten Erfolge seien keine freiwilligen Leistungen der Stadt gewesen, sondern nötige Ausgleichsmaßnahmen für versiegelte Flächen an anderen Stellen Fürths, betont Stadtrat Harald Riedel.

Was ihn besonders stört: Während der CSU-regierte Freistaat alle neuen Gebäude als Passivhäuser errichten lasse, fordere die Stadt Fürth bei großen Bauprojekten wie der Dreifachturnhalle bei den Energiestandards oft nur die „untersten gesetzlichen Mindestvorgaben“ ein, anstatt die Bauträger mehr in die Pflicht zu nehmen. „Das Rathaus“, sagt Riedel, „tut zu wenig.“

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