Fürther Flüchtlinge: Gefährliche Gerüchte

26.10.2015, 11:00 Uhr
Fürther Flüchtlinge: Gefährliche Gerüchte

© Archivfoto: Winckler

Die Nachricht, dass auf der Hardhöhe eine Notunterkunft für Flüchtlinge entsteht, wurde auf der Facebookseite der FN rasch kommentiert, positiv wie negativ. Ein Nutzer prophezeite: „Lesen Sie in der nächsten Ausgabe: Steigende Gewalt- und Diebstahldelikte auf der Hardhöhe“.

Ist das wirklich zu befürchten? Wer solche Sorgen hat, kann sich in sozialen Netzwerken bestätigt fühlen: Da wird aus allen Ecken Deutschlands berichtet, dass die Zahl der Diebstähle in Supermärkten rund um neue Asylbewerberunterkünfte in die Höhe schnellt, dass Verkäuferinnen bedroht, Putzfrauen vergewaltigt werden, Passanten sich belästigt fühlen.

Neben den Anschuldigungen kursieren im Internet auch die Stellungnahmen von Polizei und Supermarktleitern, die sich gegen unwahre Behauptungen wehren. Tausendfach geteilt wurde etwa der Facebook-Beitrag eines Edeka-Marktleiters aus Friedberg, der mit Gerüchten aufräumte, das Geschäft würde leer geklaut.

Und in Fürth? Seit einem Jahr dient das frühere Möbelhaus Höffner in der Seeackerstraße als Notunterkunft, manchmal sind hier mehr als 700 Menschen untergebracht. Polizeichef Peter Messing ist kein Fall bekannt, wo es zu einer Auseinandersetzung zwischen einem der Asylbewerber und einem Fürther kam. Auch die Eigentumsdelikte in der Umgebung — den Edeka-Markt eingeschlossen – haben nicht zugenommen, im Gegenteil: Im Vergleich zu den ersten neun Monaten 2014, also der Zeit, als Höffner noch leer stand, sind dort Diebstähle und Einbrüche in den ersten neun Monaten dieses Jahres „sogar deutlich zurückgegangen“, so Messing. Im letzten Quartal 2014 hatte die Polizei in der Gegend hingegen vermehrt Wohnungseinbrüche registriert. Manche Anwohner machten dafür die Asylsuchenden verantwortlich, aber Messing hält dies für unwahrscheinlich. Die Zahl der Einbrüche ist bereits seit 2010 im ganzen Stadtgebiet stark gestiegen.

Messings Statistik zeigt Unterschiede hinsichtlich der Herkunftsländer von ermittelten Tätern: Syrer und Iraker sind nicht darunter. Mehr Auffälligkeiten gibt es bei Georgiern. Das Bundeskriminalamt weist seit längerem darauf hin, dass organisierte Banden aus Georgien Landsleute als Asylsuchende nach Deutschland schicken, um Diebstähle zu begehen.

Auch rund um die beiden anderen Notquartiere, die Kiderlin-Turnhalle und das Zelt in Atzenhof, habe es bislang keine Probleme mit Asylbewerbern gegeben, sagt Messing.

Schlagzeilen machten in jüngster Zeit Schlägereien in den Unterkünften. „Bei uns geht es bislang friedlich zu“, sagt Messing, „hoffentlich bleibt das so“. Denn dass es zu Konflikten kommt, „wo so viele Menschen schlafen oder ja, hausen müssen“, sei alles andere als verwunderlich. Immer wieder komme es im Höffner-Haus zwar zu verbalen Streitigkeiten und Diebstählen, zum Beispiel von Handys; auch „eine Hand voll“ Körperverletzungsdelikte sind der Polizei bekannt. Einen größeren Polizeieinsatz aber habe es nur einmal gegeben: Einige Bewohner fingen am Ende des Ramadans nachts an, zu beten – andere, die schon schliefen, fühlten sich gestört. Die Stimmung heizte sich auf, die Polizei war da, bevor es zu Handgreiflichkeiten kam. Wenig später richtete die Regierung von Mittelfranken einen Gebetsraum ein.

Roland Meyer, Chef der Polizeiinspektion Zirndorf, warnt ebenfalls davor, den Gerüchten Glauben zu schenken. 2014 seien insgesamt 14 000 Asylbewerber in der Zentralen Erstaunahmeeinrichtung (ZAE) in Zirndorf untergebracht gewesen – es sei jedoch kein einziger einheimischer Bürger im Stadtgebiet von einem Asylbewerber geschädigt worden. 2014 zählte die Polizei zwei größere Schlägereien in der ZAE, heuer noch keine. In der Notunterkunft, die einige Monate lang in Langenzenn betrieben wurde, habe es „innen und außen“ keinerlei Delikte gegeben, „nicht einmal einen Ladendiebstahl“.

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