Fürths Abschied von einem trostlosen City-Center

29.12.2011, 09:00 Uhr
Fürths Abschied von einem trostlosen City-Center

© Edgar Pfrogner

Schön war Weihnachten heuer nicht, sagt Nguyen Thi Hiep, zu groß sind die Sorgen und zu nah ist das Ende: Obwohl einige Geschäfte bis zum 14. Januar im City-Center geöffnet haben, ist im Schnäppchenmarkt „A&M“, gegenüber von C&A, bereits am 30. Dezember Schluss. „Alles muss raus“, steht auf den roten Plakaten im Schaufenster, und während sich im Laden die Kundinnen über Preisnachlässe bis zu 70 Prozent freuen, wünscht sich Nguyen Thi Hiep, dass alles anders wäre.

Mit ihrem Laden verliere sie auch viel Sicherheit, erzählt sie. Bislang ist es nicht gelungen, geeignete neue Räume zu finden, „in Fürth sieht es damit momentan ganz schlecht aus“. In der Kleeblattstadt habe sie aber mit der Zeit viele Stammkunden gewonnen, „ein Neuanfang in einer anderen Stadt wäre schwer“.

Auch für ihren zweiten Laden in der Mathildenstraße läuft der Mietvertrag demnächst aus — die Angst vor Arbeitslosigkeit lasse sich da nicht so leicht abschütteln. „Ich habe vier Kinder“, sagt sie, „nie im Leben wollte ich zum Sozialamt, ich bin doch gesund, ich muss arbeiten“. Ihr Vorsatz fürs neue Jahr steht daher schon fest: „Wir suchen weiter.“

Wie schwierig es ist, größere Ladenflächen in Fürths Innenstadt zu finden, weiß man auch in der Parfümerie Höfer nebenan. Ein Jahr lang habe sie sich umgesehen, erzählt Filialleiterin Tamara Neugebauer, bis sie schließlich in der Moststraße fündig wurde. Mit einem Glückskeks, der in jedes Tütchen gepackt wird und in dem ein Gutschein für den neuen Laden steckt, werden Kunden auf die neue Adresse hingewiesen.

Die Parfümerie gehört seit den Anfangstagen zum City-Center, damals hieß sie noch „Yaska“. Seit 22 Jahren ist sie Neugebauers Arbeitsplatz. Schlimm sei es, wie Leben in den vergangenen Jahren aus dem Einkaufszentrum verschwunden sei. „Es war trostlos, traurig, wie wenn man sich beim Sterben zusieht“, sagt sie. „Man war ohnmächtig.“ Jeder konnte beobachten, „wie das Center älter wird und nichts getan wird, wie sich der Fachhandel zurückzieht und Billiggeschäfte reingehen, wie der gute Kunde ausbleibt.“ „Ganz schlimm“ sei es geworden, als dann Real zumachte. 

Der Abschied fällt ihr nun leicht — „weil ein Anfang bevorsteht“. Neugebauers Vorfreude gilt nicht nur dem neuen Laden in der Moststraße, sondern auch der Entwicklung der Stadt: Zwar befürchtet sie, dass die Innenstadt mit der Schließung des City-Centers „noch einmal ausblutet, noch einmal eine ganz schwere Zeit haben wird“, aber sie glaubt daran, dass Fürth danach, mit modernisiertem Center und dem neuen Einkaufsschwerpunkt in der Breitscheidstraße, in Sachen Einkauf viel zu bieten hat und sich die Fürther den Weg nach Nürnberg oder Erlangen sparen können. Fürth habe sich schließlich auch in anderen Bereichen toll entwickelt, „es gibt viel Kultur, viele neuen Wohnungen, viele junge Menschen, Fürth ist Wissenschaftsstadt“, kurzum: Zuversicht sei angebracht.

So sieht es auch Sigrid Scheffler, die die Lennert-Filiale im City-Center leitet. Sie sei zwar Nürnbergerin, aber Fürth sei ihr ans Herz gewachsen und sie würde auch gerne mit dem Schreibwarenladen in Fürth bleiben: „Hier hat sich so viel entwickelt, es macht Spaß, hierher zu kommen.“

Als sie 2004 den Schreibwarenladen übernommen hat, waren im City-Center fast alle Läden noch besetzt, erinnert sie sich. Nun steht der Abschied bevor. Ab 14. Januar gibt es Lennert nur noch in Zirndorf, weil auch Scheffler in Fürth bislang keine geeigneten Ladenräume gefunden hat. Sentimental sei sie beim Abschied nicht. „Wir sitzen seit drei Jahren auf einem Schleudersitz, wir sind auch froh, dass das jetzt ein Ende hat.“ Außerdem sei eine Rückkehr ja nicht ausgeschlossen.

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