Heilstättensiedlung: Anwohner sauer über Dreck und Lärm

10.3.2016, 16:00 Uhr
Heilstättensiedlung: Anwohner sauer über Dreck und Lärm

© Foto: Hans-Joachim Winckler

„Willkommen auf der Baustelle“, begrüßt einer der Mieter seinen Besucher sarkastisch. Er hat wie über 50 andere, die in dem Komplex an der Paul-Keller-Straße leben, bei der Volkswohl aufgrund der Lärm- und Dreckbelastung nach Mietminderung verlangt. Eine Forderung, der die Genossenschaft aber nicht nachkommen möchte.

Sägen kreischen, Laster fahren hin und her – und selbst der TV-Empfang sei durch den riesigen Baukran beeinträchtigt. „Während der Betonierung der Fundamente wurde die ganze Nacht durchgearbeitet“, klagt der Anwohner, der seinen Namen wie die anderen nicht in der Zeitung lesen möchte. Die ausführende Baufirma habe zwar schriftlich auf eine höhere Lärmentwicklung hingewiesen sowie auf die Notwendigkeit, die Betonplatten über Stunden hinweg bautechnologisch glätten zu müssen, „aber die arbeiten ja jetzt praktisch rund um die Uhr“, schimpft er.

Eine Nachbarin bestätigt: „Das geht wirklich schon an die Substanz.“ Sie ärgert sich zwar ebenso, hat aber noch Verständnis für die Baumaßnahme, schließlich benötige die Stadt Wohnraum. „Man sollte das vielleicht nicht so eng sehen, aber für uns Anwohner kommt es jetzt halt knüppeldick“, sagt sie. Dabei habe man ja noch Glück, dass derzeit Winter ist. Die Frau mutmaßt, dass in der Heilstättensiedlung wohl mit Lärm großzügiger als in der Innenstadt umgegangen werde: „Jetzt haben wir mehr oder weniger kapituliert.“ Kaum einer der Betroffenen habe eine Rechtsschutzversicherung.

Den Rechtsweg wollen die meisten also nicht einschlagen. „Wir fühlen uns als langjährige Mieter leider abgespeist“, findet ihr Nachbar, der sich wenigstens eine symbolische Entschuldigung erwartet hätte: „Es müssen ja nicht 30 Prozent Mietminderung während der gesamten Bauzeit sein, sondern eventuell einmalig eine Monatsmiete.“

„Es liegt in der Natur der Sache, dass Bauarbeiten ohne Lärm leider nicht möglich sind“, antwortet der Vorstand der Genossenschaft in einem Schreiben an die Mieter. Vielmehr sei man verwundert über das Ansinnen, weil es dergleichen weder von Anwohnern bei Modernisierungen in der Kaiser- oder Herrnstraße noch bei Neubauten wie am Scherbsgraben oder in der Amalienstraße gegeben habe.

„Rechtzeitig informiert“

Gegenüber den FN betont Johann Zweier, Geschäftsführer der Volkswohl, alle Anwohner seien rechtzeitig über die Baumaßnahmen, die nun Beschwerden hervorrufen, informiert worden. „Gerade am Anfang weiß man ja, dass so etwas nicht lautlos zu machen ist“, findet Zweier. Auch Dreck sei niemals ganz zu verhindern, bedauert er, obwohl die Baufirma wie versprochen die Straße regelmäßig reinigen lasse. „Bei dem derzeitigen Wetter schaut es dann nach drei Lkw gleich wieder aus wie vorher.“

Der schlimmste Dreck sei ohnehin bald vorbei, wenn die Tiefbauten abgeschlossen sind. „Der Blick ins Grüne kommt für die Anwohner aber so natürlich nicht mehr“, räumt er ein, ist sich aber trotzdem sicher, „dass die Idylle wieder in die Heilstättensiedlung einkehrt, wenn die Wohnungen im Sommer 2017 fertig sind.“ Damit leiste die Volkswohl ihren Beitrag, dringend benötigten Wohnraum in Fürth zu schaffen.

Die geplagten Anwohner aus der Paul-Keller-Straße mögen solche Perspektiven wenig trösten. Immerhin habe man sich zusammengetan und mit einer Stimme gesprochen. „Das war eine Gemeinschaftsleistung aller“, erklärt einer der Mieter und findet, „einen Versuch war’s wert“. Die allermeisten hätten sich mit der Situation abgefunden, während Einzelne noch überlegen, ob sie vor Gericht um eine Mietminderung kämpfen wollen.

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