Hitlers Erbe: "Mein Kampf" gibt es auch in Fürth zu kaufen

10.1.2016, 06:00 Uhr
Hitlers Erbe:

© Foto: Balk/dpa

Die Neugierde scheint groß zu sein: Als die FN am Freitagnachmittag in der Buchhandlung Edelmann an der Fürther Freiheit vorbeischauen, fragt gerade ein älterer Mann nach „Mein Kampf“. Er muss sich gedulden. Buchhändler Heinz Krekeler hat bereits einige Exemplare bestellt, bekommen hat er sie noch nicht: Die erste Auflage der kritischen Edition von Hitlers Hetzschrift war bereits einen Tag vor dem Erscheinen weg; die 4000 Exemplare reichten nicht einmal aus, um die bundesweit angeblich 15 000 Vorbestellungen abzudecken, die bei dem zuständigen Buchvertrieb eingegangen waren. Die zweite Auflage soll am 18. Januar erscheinen.

In Deutschland war „Mein Kampf“ 70 Jahre lang nicht neu aufgelegt worden. Seit 1946 besitzt der Freistaat Bayern die Urheberrechte – und untersagte jeden Nachdruck. Dass die politisch umstrittene Neuausgabe überhaupt möglich geworden ist, liegt daran, dass der Urheberschutz, 70 Jahre nach dem Tod Hitlers, am 31. Dezember 2015 ausgelaufen ist.

Hinter der Neuausgabe steht das Münchner Institut für Zeitgeschichte. Die Experten in der Landeshauptstadt haben den Originaltext mit mehr als 3500 Anmerkungen versehen, um Hitlers Rassenwahn kritisch zu hinterfragen und zu widerlegen. Unkommentierte Ausgaben von „Mein Kampf“ bleiben in Deutschland weiterhin verboten.

Heinz Krekeler von der Buchhandlung Edelmann hält es für selbstverständlich, die kommentierte Fassung anzubieten: „Ich bin gegen jegliche Form von Zensur oder Verbot.“ Die aktuelle Neugier sei doch bloß so groß, weil das Buch 70 Jahre lang in Deutschland kaum greifbar gewesen ist. Einen Bücherstapel aus „Mein Kampf“ – wie bei einem Bestseller – werde es in seinem Laden sicher nicht geben, auch ins Regal komme das Buch nicht. Wohl aber ins Lager.

Der ältere Herr, der es gerade bei Krekeler bestellt hat, ist Jahrgang 1945. Zu seinen Jugendzeiten sei die Nazi-Diktatur im Unterricht noch ausgeblendet worden, sagt er. Seine Eltern seien in der Partei gewesen und mochten nicht über diese Zeit reden. Als Rentner mit viel Zeit wolle er nun eben selbst lesen, „was für ein Scheiß da drin steht“.

„Eher abschreckend“

Auch die Buchhandlung Jungkunz in der Moststraße bietet „Mein Kampf“ an, bisher sei eine Vorbestellung eingegangen. Ein paar mehr sind es bei „Hübscher“ in der Fußgängerzone. Händlerin Christine Meixner würde sich nach eigenen Worten weigern, das Original zu verkaufen, auch aus persönlichen Gründen: Ein Großvater war in Kriegsgefangenschaft, der andere im KZ. „Die Philosophie unseres Ladens ist definitiv eine andere“, sagt sie. Die kommentierte Fassung sei aber okay – für Lehrer und Historiker, für Menschen eben, die sich mit Geschichte auseinandersetzen wollen.

In der städtischen Volksbücherei wird „Mein Kampf“ vorerst nicht zur Ausleihe angeboten. „Aber wir würden es anschaffen, wenn es im Interesse unserer Nutzer ist“, sagt VoBü-Leiterin Christina Röschlein. „So machen wir das immer.“ Die Volksbücherei habe ja die Aufgabe zu informieren. Dass „Mein Kampf“ heute junge Menschen zur Ideologie des Nationalsozialismus bringen könne, glaubt sie nicht. „Ich halte das eher für abschreckend.“

Ein vernichtendes Urteil fällt Martin Schramm, Leiter des Stadtarchivs und der Fürther Museen. „Mein Kampf“ sei in jeglicher Hinsicht unerträglich. Zum einen wegen der „unglaublichen Hetze“, zum anderen weil es „dumm, primitiv und sprachlich unlesbar“ sei. Dass die kommentierte Fassung reißenden Absatz unter Rechtsradikalen findet, glaubt er nicht. Die bevorzugen das Original, das es in der Vergangenheit im Ausland oder via Internet zu kaufen gab. Bei der Frage, ob die neue Edition mit ihren kritischen Kommentaren eine gute Wahl für den Schulunterricht sei, schwankt Schramm ein wenig, meint aber: „Die NS-Zeit wird sehr intensiv behandelt. Erwähnen kann man das Buch ja, aber ich glaube nicht, dass man den Mist mit Schülern lesen muss.“

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