Immaterielles Kulturerbe: Siebener stechen Fürther Kärwa aus

15.4.2016, 11:00 Uhr
Immaterielles Kulturerbe: Siebener stechen Fürther Kärwa aus

Als die Bewerbung im vergangenen Herbst auf den Weg ging, war der Optimismus doch ziemlich groß. Die Michaelis-Kirchweih, hieß es aus dem Fürther Rathaus, sei nicht nur deutlich älter als das Münchner Oktoberfest, dort würden auch uralte Bräuche gepflegt wie der Betzntanz, das Einböllern zum Auftakt und der farbenfrohe Erntedankfestzug.

Ziel war es, auf die bayerische Liste des immateriellen Kulturerbes zu gelangen und nach Möglichkeit auch ins bundesweite Verzeichnis. „Wenn wir da reinkommen, haben wir es schon weit geschafft, das ist etwas sehr Exklusives“, sagte Martin Schramm im Herbst. Der Leiter des Stadtmuseums hatte die Fürther Bewerbung vorangetrieben.

Immaterielles Kulturerbe: Siebener stechen Fürther Kärwa aus

© Fotos: Wraneschitz, Winckler

Insgesamt wurden in Bayern 26 Anträge auf Aufnahme ins immaterielle Kulturerbe eingereicht. Darunter versteht die Unesco besondere Traditionen, gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste. Zwar steht erst im Sommer fest, wer dieses Jahr auf die bayerische Liste kommt, dafür ist jetzt schon klar, welche vier Vorschläge der Freistaat für die Aufnahme ins Bundesverzeichnis nach Berlin schickt: Die Michaelis-Kirchweih ist nicht darunter, stattdessen die Landshuter Hochzeit, der Further Drachenstich, die Osingverlosung – ein steinalter bäuerlicher Brauch im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim – sowie das Feldgeschworenenwesen.

Letzteres hat die Feldgeschworenenvereinigung in Stadt und Landkreis Fürth eingereicht – und die Michaelis-Kärwa im Rennen ums immaterielle Kulturerbe glatt ausgestochen. „Die Siebener-Tradition hätte es verdient, auf diese Liste zu kommen“, hatte Jutta Massl vor einem Monat in einem Interview den Fürther Landkreis-Nachrichten gesagt. Massl ist die einzige Frau in Stadt und Landkreis unter den 275 Feldgeschworenen, auch Siebener genannt. Kaum eine andere Tradition reiche so weit zurück, sagt sie. In Franken lassen sich Siebener bis ins 13. Jahrhundert belegen.

Noch immer ist es die Aufgabe der ehrenamtlichen Feldgeschworenen, die es heute nur noch in Bayern und Rheinland-Pfalz gibt, Grundstücksgrenzen durch „Abmarkungen“ mit Granitsteinen und Grenzzeichen kenntlich zu machen. Dank bestimmter Zeichen, dem Siebener-Geheimnis, erkennen sie, ob die Lage eines Steins verändert worden ist.

Das bayerische Kultusministerium begründet die Wahl mit den Worten, die Siebener-Tradition sei als „über 500 Jahre primär mündlich tradierte Rechtspraxis ein außergewöhnliches Beispiel für ein kommunales Ehrenamt, das für den sozialen Frieden in ländlichen Gebieten von zentraler Bedeutung war und das auch heute noch große Wertschätzung genießt“.

Ob das Feldgeschworenenwesen nun tatsächlich den Sprung ins Bundesverzeichnis schafft, entscheidet die deutsche Kultusministerkonferenz in Zusammenarbeit mit der deutschen Unesco-Kommission. Als Kandidat für Berlin dürfte es aber sicher auf die noch junge bayerische Liste gelangen. Auch im Fürther Rathaus darf man hoffen. Zum einen haben einige Bundesländer ihre Bewerbungslimit von vier Vorschlägen nicht ausgeschöpft, weshalb der Freistaat demnächst nachmelden darf. Zum anderen kann man sich alle zwei Jahre neu bewerben. Geht es nach Fürths Wirtschaftsreferent Horst Müller, wird die Stadt dies tun. „Unsere Bewerbung war sehr kurzfristig, in zwei Jahren können wir unseren Antrag vielleicht noch ein bisschen detaillierter begründen“, sagt Müller. Die Michaelis-Kirchweih, meint er, hätte es in jedem Fall verdient.

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