In Liebe, dein Mann
14.6.2008, 00:00 Uhr
Isi Kunaths Container wird nicht besucht. Er wird gestürmt. «Höllehölle» seufzt die in Amsterdam lebende Künstlerin nach einer Woche, die es in sich hatte. Am häufigsten gestellte Frage: «Werden die auch wirklich verschickt?» Ja, alle Postkarten werden wirklich verschickt. Die ersten 2000 sind schon weg.
Kunaths «Send Your Love Away» ist eine Aktion im Fluss, Fürth ist ein Standort, andere sollen folgen. Los ging’s 2007, damals für einen Tag, in Prag am Wenzelsplatz, Erlangens Galerie Kunstraum folgte. Kunath hat ein Postamt - nein, nicht nachgebaut, sondern seinen Zauber mit «billigem» Material, wie es auch Kinder bastelnd verwenden würden, in Andeutungen reanimiert. Pappschilder ironisieren den herben Amtsstubencharme. Schön, dass man erfährt, wo «Eingang» und «Ausgang» sind.
«Postkartenamt» steht überm Containereinlass. Draußen mannshohe Papp-Briefkästen - Kunath leert sie jeden Morgen - Tische, Stühle. Akkurat vermeldet Kunath die sehr postamts-unüblichen Öffnungszeiten. Betriebsurlaub: «23.06.08 bis zur Wiederaufnahme des Projekts».
Die Fürther kommen vorbei, fassen es nicht ganz, entdecken die schöne Liebes-Postkarte und legen los. Fünfjährige Mädchen schreiben die erste Karte ihres Lebens. 16-Jährige, die ihr Handy besser kennen als einen Schreibstift, stehen vor einer Herausforderung der Extraklasse - wie adressiert man eigentlich korrekt? Wie beim Mailen jedenfalls nicht.
«Man bekommt inzwischen so selten etwas Handgeschriebenes», sagt Kunath. Ihre Arbeit appelliert daran, eine gute alte Kulturtechnik nicht sterben zu lassen. Und die Fürther langen zu, als sei das Liebhaben per Karte soeben erfunden worden; schreiben an die Oma und an den Nachbarn, danke fürs Blumengießen.
«Schreiben Sie Ihrer Frau, dass Sie sie lieben», riet Kunath neulich einem ratlosen Mann. Aber das wisse sie doch, sagte der. Kunath: «Wenn sie es schriftlich bekommt, ist es nochmal etwas ganz Besonderes.» Der Mann schrieb. mab
Schwabacher-, Ecke Moststraße, täglich 11-20 Uhr.