Keine Schulmeister

7.12.2014, 12:00 Uhr
Keine Schulmeister

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Künstlerische Zusammenarbeit kann viele Wege gehen. Das mag ein gemeinsames Atelier sein, in dem jeder für sich vor sich hin werkt. Oder ein Projekt, das im Schulterschluss entsteht. Johannes (53) und Guido (46) Häfner teilen sich Themen, die sie nach augenscheinlich intensivem Diskurs individuell gestalten. „Kultwagen“ heißt so ein Motiv, das die Brüder in ihre jeweilige Ausdrucksform übersetzt haben.

Zur Schau im Artroom hat Johannes Häfner zwei großformatige Collagen mit dem entsprechenden Titel beigesteuert. Gemalt in Acryl auf Leinwand enthüllen sie auf den ersten Blick kaum einen Bezug zum gewählten Sujet. Ein Blick auf eine nahe stehende Skulptur von Guido Häfner weist einen denkbaren Rückschluss.

Gerade einmal rund 17 Zentimeter in der Höhe misst die Arbeit aus Cortenstahl, die Guido Häfner in mehreren Variationen interpretiert hat. Bei ihm ist der Bezug zu zeremoniellen Fahrzeugen, wie sie durch die Jahrtausende in den unterschiedlichsten Kulturen benutzt wurden, klar erkennbar. Johannes Häfner setzt dem in seinen beiden „Kultwagen“-Bildern den Versuch einer zeitgenössischen Auslegung entgegen. Er greift Idole und Objekte der Jetztzeit auf, die sich zu einem kultischen Reigen mit apokalyptisch anmutendem Gepränge vereinen. Aus dem Fundus der Vergangenheit schöpfen zunächst auch andere Arbeiten der beiden. Mit archetypischen Köpfen und Porträts in Stahl oder Holz hat sich zum Beispiel Guido Häfner beschäftigt. In manchen dieser Skulpturen lassen sich gleich zwei Gesichter ausmachen. Reduziert auf das Allerwesentlichste sind sie alle. Es sind Formen aus dem Ur-Baukasten für Menschen, die berühren, weil sie das ansprechen, was bleibt, wenn Moden und Geschmäcker getilgt sind.

Dem stellt Johannes Häfner eine neue Auseinandersetzung mit der Geschichte der Arche Noah entgegen, die er jetzt zum ersten Mal zeigt. In Acryl auf Leinwand oder als äußerst fein gearbeiteter Linoldruck spielt er den biblischen Bericht von der Rettung der Arten in immer neuen Varianten durch, findet dabei scheinbar mühelos die gedankliche Brücke ins Heute. Beide Brüder sind zudem als Grafiker aktiv. Johannes Häfner zeigt in Fürth ein zehnbändiges Kunstbuchkompendium und eine Grafikmappe, die den provokativen Titel „Die RAF fehlt“ tragen. „Das ist ein Satz, den jeder erst einmal für sich vervollständigen muss“, sagt der 53-Jährige und macht klar, worum es ihm geht, wenn er seine Gedanken und Ideen umsetzt: „Heute findet jeder Windräder gut. Oder Bio-Fleisch. Aber wehe, ein Windrad oder was auch immer wird vor der eigenen Haustür gebaut. Dann wird sofort protestiert.“ Zu beliebig und belanglos, sagt er, sei ihm eine solche Haltung. „Ich bin gegen die Schulmeister und Gutmenschen unserer Tage.“ Ihm gehe es darum, „einen Diskurs zu eröffnen, etwas mitzuteilen, weh zu tun“. Kurz gesagt? „Ich bin ein katholischer Marxist.“ Und wie beschreibt sich Guido Häfner? „Ich bin ein Normaler“, überlegt der Jüngere und setzt nach: „Eigentlich sogar ein Erz-Normaler.“ Häfner und Häfner arbeiten seit 1995 frei. 1991 gründeten sie in Nürnberg den bibliophilen ICHverlag, zu dem eine Buchdruckerei gehört.

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