Kleine Krippenwelt im Sandsteinkeller

24.12.2010, 17:00 Uhr
Kleine Krippenwelt im Sandsteinkeller

© Johnston

Der Weg führt über steile Stufen hinunter in Norbert Staudts Krippenreich. Hier, in einem alten Gewölbekeller, weiß das Auge gar nicht, wo es zuerst hinschauen soll. Es gibt Ställe mit Schindeldächern und Ställe mit Wänden aus winzigen Backsteinen, immer wieder Maria, Josef, das Kind, immer wieder den Ochs, den Esel, die Hirten, die Könige — „alles handgeschnitzt und alles handbemalt“, wie Staudt versichert.

Filigrane Figuren bevölkern gleich mehrere Bethlehems, Menschen mit ausdrucksstarker Mimik und feinsten Fingerchen, die Ketten von Weihrauchfässern umschließen oder zum Gebet sacht aufeinanderliegen. Wie ein Beschützer steht Staudt, ein stattlicher Mann von 65 Jahren, inmitten der zarten Geschöpfe mit Körpergrößen von 12, 18, 20 Zentimetern. 1946 ist Staudt geboren, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. „Als Kind“, sagt er, „hatte ich praktisch kein Spielzeug, nur die Krippe meiner Großmutter.“ In der Weihnachtszeit hockte der kleine Norbert in der elterlichen Wohnung auf dem Fußboden und schob Ochs und Esel hin und her, die Hirten und auch schon mal ein paar Zinnsoldaten.

So muss sie entstanden sein, Staudts Liebe zur Krippe, die er seit rund 40 Jahren auch als Geschäftsmann pflegen kann. Von Oktober, ab der Fürther Kirchweih, steht er hier, bis Mitte Januar. Verkauft wird das ganze Jahr, den Keller aber öffnet der Seniorchef außerhalb der Saison nur auf Anfrage. „Die Leute kommen bis aus Bamberg oder Coburg“, sagt Staudt. Viele nutzten auch seine Webseite. Aber: „Die Heilige Familie, die kauft keiner übers Internet, denn die ist der Anfang einer Krippe. Da will man die Figuren erst mal in der Hand halten.“ Ein Kunde schiebt sich nun an Staudt vorbei, weitere folgen. Es wird eng im Krippenkeller. Wer sich nicht behutsam bewegt, läuft Gefahr, den Stern von Bethlehem von seinem Platz zu reißen oder ein Schaf in die Tiefe zu stoßen.

Jutta Pridöhl bleibt am Fuß der Treppe stehen, dort, wo in Plastikboxen Accessoires wie Besen, Bienenkörbe, Leitern, Laternen liegen. Sie bittet um Rauch-Lagerfeuer-Destillat. Staudt führt vor, was gemeint ist: Aus einem Fläschchen gibt er einen Spritzer Flüssigkeit ins (elektrische) Feuer unter einem Kupferkesselchen, und schon steigt aus zuckenden Flammen Rauch auf. Für ihre Kinder, sagt Pridöhl, sei der Rauch so wichtig wie die Heiligen Drei Könige oder das Jesuskind. Eineinhalb Stunden nachdem sie gekommen ist, bezahlt Erika Egerer (64) aus Herzogenaurach. Sie leistet sich heuer für 76 Euro den dritten der Könige aus dem Morgenland. An Heiligabend wird sie ein Tässchen Tee, die Stille und den Anblick ihrer geliebten Krippe genießen.