Kopp-Verlag-Kongress in Fürther Stadthalle sorgt für Entsetzen

11.4.2016, 06:00 Uhr
Kopp-Verlag-Kongress in Fürther Stadthalle sorgt für Entsetzen

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Einen "Kongress der Superlative" verspricht der Kopp-Verlag auf seiner Internetseite, mehr als 600 Teilnehmer wurden der Stadthalle angekündigt. Um die "perfekte Krisenvorsorge" soll es hier am 23. April gehen – wobei damit keine persönlichen Krisen gemeint sind. Dem Unternehmen geht es um Größeres.

Die Redner wollen sich unter anderem folgenden Fragen widmen: Wie kann ich mich vor der heimlichen Enteignung durch das Weltfinanzkartell schützen? Wie kann ich überleben, wenn die Zivilisation zusammenbricht? Wird es im deutschsprachigen Raum zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen kommen? Wo sind die „explosiven Brandherde“, in denen die Polizei die Sicherheit der Bürger "bald nicht mehr wird garantieren können"? Die Zuhörer erfahren, wie sie richtig Kräuter ziehen, Vorräte anlegen, Selbstverteidigung erlernen.

Das Programm passt zu den Büchern, die der Verlag im Angebot hat. Mit Ängsten, Verschwörungstheorien und angeblichen "Enthüllungen" macht man hier Geld. "In Rottenburg am Neckar ist fast täglich Weltuntergang", schrieb Spiegel Online bereits 2014. Der Verlag gehöre zu den wirtschaftlichen Profiteuren des AfD-Aufstiegs, berichtete die Wirtschaftswoche vor einem Monat. Das Unternehmen, das so tut, als würde es Sorgen nehmen wollen, füttert sie kräftig an: Auch Pfefferspray, Stichschutzwesten oder als Regenschirm getarnte Schlagstöcke kann man auf der Internetseite des Medienverlags in den Warenkorb legen.

Kopps "Star-Autor" ist Udo Ulfkotte, der schon bei Pegida-Demonstrationen auftrat, Gast beim AfD-Neujahrsempfang war – und es mit seinen Büchern inzwischen zuverlässig in die Spiegel-Bestsellerliste schafft. Sie heißen zum Beispiel: "SOS Abendland", "Albtraum Zuwanderung", "Die Asylindustrie", "Gekaufte Journalisten".

Rechtspopulismus und Esoterik

Sie sei entsetzt gewesen, als sie feststellte, dass die Fürther Stadthalle dem Verlag die Möglichkeit gibt, sich zu präsentieren, schrieb Ruth Brenner im Namen des Bündnisses gegen Rechtsextremismus und Rassismus an Stadthallen-Geschäftsführer Robert Steinkugler. Das Bündnis bitte darum, den Mietvertrag aufzulösen.

Das aber wird nicht geschehen. Er habe bereits das Rechtsamt und die Polizei einbezogen und prüfen lassen, "ob wir aus dem Vertrag rauskommen", sagt Steinkugler auf FN-Nachfrage. Doch das sei nicht möglich, ohne rechtliche Konsequenzen zu riskieren.

Der Verlag könnte sich einklagen oder Schadenersatz fordern, erklärt Rechtsreferent Christoph Maier. Einen bereits geschlossenen Vertrag könne man nur bei "gravierenden Gründen" kündigen, etwa wenn ein Veranstalter nach Vertragsabschluss Redner engagiere, die "volksverhetzend an die Öffentlichkeit treten".

Rechtspopulismus und Esoterik dagegen rechtfertigten eine nachträgliche Kündigung nicht. Die Polizei, so Maier, habe keine Erkenntnisse, die den Vertragsausstieg ermöglichten.

Was Verleger Jochen Kopp, ein ehemaliger Polizist, und seine Autoren veröffentlichen, ist bisher vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Das bestätigte 2015 das baden-württembergische Innenministerium, als das Thema den Landtag beschäftigte.

"Nicht verboten"

In einem freien Land, gibt Maier zu bedenken, müsse man "schon einiges ertragen": "Verschwörungstheoretiker sind nicht verboten, und Verschwörungstheorien zu verkünden, ist keine Aufforderung zu Straftaten."

Maier und Steinkugler sagte der Name "Kopp-Verlag" bis vor kurzem nichts. "Ein Autorenkongress eines großen Verlagshauses war angefragt", so Steinkugler. "Ich kann niemandem im Team einen Vorwurf machen, dass er nicht hellhörig geworden ist." Wenn man den Verdacht habe, dass es sich um "Rechtsradikale oder Gewaltgeneigte" handle, erkundige man sich.

Allerdings sei es für eine Stadthalle generell schwieriger als für einen privaten Betreiber, Veranstalter im Vorfeld abzulehnen, betonen Steinkugler und Maier. Als eine Halle, die "dem öffentlichen Zweck gewidmet ist", soll sie jedem zur Verfügung stehen – jedem, der nicht durch Straftaten auffällt oder die öffentliche Sicherheit gefährdet. Es gelte der "Gleichbehandlungsgrundsatz": "Wir können nicht einfach sagen: Das gefällt uns inhaltlich nicht", erklärt Maier.

Nicht angenehm sei das Ganze, sagt Steinkugler. Es erinnert ihn an einen Fall aus dem Jahr 2010: Damals sah die Stadt keine Möglichkeit, einem türkischen Kulturverein zu kündigen, der in der Stadthalle ein Fest unter Beteiligung der "Türkischen Föderation" plante. Die Organisation, bekannt unter dem Namen "Graue Wölfe", wird als rechtsextrem eingestuft und vom Verfassungsschutz beobachtet.

Der Artikel wurde am 1. August 2017 aktualisiert.

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