Neonazis verharmlost?

19.1.2013, 10:00 Uhr
Neonazis verharmlost?

© Horst Linke

Unter dem Titel „Neonazis positionieren sich für die Wahl“ befassten sich die FN mit einem Flugblatt, das zurzeit kursiert und rassistische Forderungen wie die Vergabe von Kindergarten- und Hortplätzen „zuerst für deutsche Kinder“ enthält. Verantwortlich ist die „Bürgerinitiative Soziales Fürth“, eine Tarngruppe Rechtsradikaler um den vorbestraften Stadelner Neonazi Matthias Fischer, die offenbar für die Kommunalwahl auf Stimmenfang geht.

Rechtsreferent Maier äußerte in dem Zusammenhang die Sorge, Bürger könnten den nicht strafbaren Parolen auf den Leim gehen, sah die Stadt aber nicht in der Pflicht: „Man darf von einer Stadt nicht erwarten, dass sie gegen jede Meinung außerhalb des demokratischen Spektrums vorgeht“, sagte er. Und: „Eine Demokratie muss mit einem gewissen Maß an Idiotie leben.“

Über diese Stellungnahmen empört sich das Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Der Begriff „Idiotie“ sei „nicht nur grob verharmlosend sondern im höchsten Maße zynisch“, wenn es um die Naziszene gehe, heißt es in einer Mitteilung des Bündnisses. „Die Opfer der faschistischen Mörderbanden und deren Angehörige werden dadurch verhöhnt und beleidigt.“ Immerhin seien seit der deutschen Wiedervereinigung im Jahr 1989 fast 200 Menschen durch rechts motivierte Gewalttaten zu Tode gekommen.

Maier kontert, es liege ihm fern, die Opfer rechter Gewalt zu verhöhnen. „Mir dieses zu unterstellen, ist eine Unverschämtheit.“ Er erlaube sich weiterhin, „braunen Ungeist als politische Idiotie zu bezeichnen“, betont er, räumt aber ein, er hätte deutlich sagen müssen, man dürfe von einer Stadt nicht erwarten, „dass sie rechtlich gegen jede Meinung außerhalb des demokratischen Spektrums vorgeht“.

Die Stadt zeigt Flagge

Rechtlich, bestätigt Oberbürgermeister Jung, könne eine Stadt wenig tun, solange sich die Neonazis keine Straftaten zuschulden kommen lassen. Politisch hingegen zeige die Stadt, so Maier und Jung unisono, selbstverständlich immer wieder Flagge gegen Rechts: mit Anti-Nazi-Resolutionen, Gedenkveranstaltungen etwa zur Reichspogromnacht und anderen Aktionen.

Jung stellt sich, die Korrektur der besagten missverständlichen Formulierung allerdings vorausgesetzt, hinter Maier. An dem Wort „Idiotie“ im Zusammenhang mit rechten Umtrieben habe er nichts auszusetzen, so Jung. Idiotie bedeute Blödsinn, geistige Verwirrung, Schwachsinn und sei „das Härteste, was man einem Menschen vorwerfen kann“, hier also durchaus angebracht. Das Bündnis hatte die Stadtspitze aufgefordert, sich von Maiers „unsäglichen Äußerungen“ zu distanzieren. Der OB aber appelliert an das Bündnis, die „reflexhaften Angriffe“ zu lassen: „Wir sollten uns auf den gemeinsamen Gegner konzentrieren, die braunen Kameraden.“

 

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