Pädagogik-Oscar ging nach Fürth

5.12.2011, 11:00 Uhr
Pädagogik-Oscar ging nach Fürth

© Hans Winckler

Leuchtend blau ist er und gleicht einem Puzzleteil: Der „Deutsche Lehrerpreis“ ist eine Art Pädagogik-Oscar, mit dem „ideenreiche, innovative Unterrichtskonzepte“ und großes Engagement geehrt werden. Rainer Fliege hat die Auszeichnung nach Fürth geholt und gleich nach seiner Rückkehr aus Berlin mit in seine Klasse, die 8b des Schliemann-Gymnasiums, gebracht.

Die Schülerinnen und Schüler bereiteten ihrem überraschten Klassenleiter einen begeisterten Empfang: Neben Konfetti und Kuchen hielten sie ein Zeugnis für ihn bereit. Auch hier gab es für den 46-Jährigen Bestnoten: Eine Eins Plus zum Beispiel im Fach „Motivation“.

Celans „Todesfuge“

In Berlin wurde Fliege — anders als von Presseagenturen zunächst gemeldet — als einziger Fürther geehrt, für ein ganz besonderes Projekt gelobt. Im Mittelpunkt steht dabei Paul Celans „Todesfuge“, ein Gedicht, das an die Opfer des Holocausts erinnert.

Ungewöhnlich ist, dass Fliege Schüler der Unter- und Oberstufe für eine Doppelstunde gemeinsam und gleichberechtigt arbeiten lässt: „Das ist eine sinnvolle Verbindung — trotz des Altersunterschieds“, erklärt der Pädagoge. Die Jüngeren seien nämlich in der Lage, die Details des Werks auf sehr emotionale Weise aufzunehmen, während die Älteren zum Beispiel den historischen Hintergrund beisteuern.

„Die Oberstufenschüler können dann unter anderem einüben, was wir uns von ihnen wünschen, während sie erklären, worum es in diesem Gedicht geht, halten sie die Erinnerung an den Holocaust wach.“ Auf diese Weise vermitteln sich die Schüler gegenseitig Wissen und Erfahrungen, obendrein lernen sie sich besser kennen. Antonia Bauer (10) aus der 5d und Raphael Blum (17) aus der Q12 gehören zu den Schülern, die Erfahrungen mit Flieges Projekt gemacht haben, außerdem waren die beiden bei der Ehrung in Berlin dabei. Raphael bestätigt: „Die

Kleinen hat man vorher eigentlich nur beim Herumwuseln auf dem

Pausenhof wahrgenommen, aber dann war der gemeinsame Unterricht total schön und man hat auch hinterher noch mal miteinander gesprochen.“

Antonia nickt. Die Zehnjährige war auch bei der Preisverleihung in Berlin eine aufmerksame Beobachterin: „Die Bundeskanzlerin war am Anfang sehr lustig, aber dann war sie wieder ganz ernst. So ganz plötzlich, von einem Moment auf den anderen.“ Mit dem Deutschen Lehrerpreis wurden in diesem Jahr 16 Pädagogen und sechs innovative Unterrichtsprojekte aus elf Bundesländern ausgezeichnet. Nach Bayern gingen insgesamt vier Preise. Die Auszeichnung ist eine gemeinsame Initiative der Vodafone Stiftung Deutschland, der Heraeus Bildungsstiftung und des Deutschen Philologenverbands (DPhV).

Lampenfieber vor der Feier

Rainer Fliege gibt zu, dass er vor der Verleihung mit heftigem Lampenfieber zu kämpfen hatte. Das habe sich aber während der einstündigen Probe für die Feier, die in unmittelbarer Nähe des Brandenburger Tors stattfand, gelegt. Nach der Verleihung, die von ZDF-Frau Petra Gerster moderiert wurde, gab es einen Fototermin mit der Bundeskanzlerin, die zuvor betont hatte, wie wichtig „Lehrer mit Leidenschaft“ sind: „Sie entscheiden mit über das Leben eines Menschen.“ Dass Fliege gleichzeitig mit Angela Merkel der Aufforderung der Fotografen „Rücken Sie mal zusammen“ nachkam und deshalb der Bundeskanzlerin kurz ganz nah kam, habe diese nur mit einem schnellen Lächeln quittiert...

Wie er die 1000 Euro Preisgeld einsetzen wird, weiß der beliebte Pädagoge auch schon: „Einen Teil stifte ich für die Gedenkstätte in Auschwitz und den Rest nehme ich für eine Reise nach Czernowitz — dort ist nämlich Paul Celan geboren worden.“

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