Roßtal: „Ausräumen und entrümpeln befreit“

23.4.2016, 16:00 Uhr
Roßtal: „Ausräumen und entrümpeln befreit“

© Thomas Scherer

Frau Schläger, Diakonie ist der Dienst am Nächsten. Einen Grafflmarkt zu organisieren, verstehen Sie das auch darunter?

Schläger: Na ja, es ist vielleicht nicht gerade eine diakonische Aufgabe. Aber geboren ist er aus der chronischen Geldnot im Verein. Damals wollte der Kindergarten Sonnenblume ein Spielhaus haben. Die Leiterin des Kindergartens hatte die Idee, Sachspenden für den guten Zweck zu verkaufen. Das hat sich bewährt. Mit allem Drum und Dran, allen voran dem Essensverkauf, bei dem wir auch auf Spenden der örtlichen Metzger und Gastronomen zählen können, bleiben jedes Jahr um die 10 000 Euro übrig. Davon profitieren die Kindergärten und die Diakoniestation.

Es dürfte ein ziemliches Alleinstellungsmerkmal Ihres Grafflmarktes sein: Bei Ihnen gibt es nicht an jedem Tisch den kompletten Bauchladen.

Schläger: Wir haben elf Tische, auf ihnen sind die Artikel sortiert — Elektrik, Haushaltsgegenstände, Nippes oder Korbwaren. Legendär ist unser Büchermarkt.

Wieso?

Schläger: Anfangs haben wir die Bücher auf Bänken am 15 Meter langen Gartenzaun im Pfarrgarten untergebracht. Das reicht längst nicht mehr. Jetzt stehen sie am Brunnenhäuschen an der Schulstraße — in drei Lagen, am Boden, auf Bänken und Tischen. Ich schätze, wir haben 200 laufende Meter Bücher. Eines kostet einen Euro, drei gibt es für zwei Euro, allein da kommen Jahr für Jahr etwa 1000 Euro zusammen. Wir haben Bücher, die werden gekauft, gelesen und wiedergebracht, und das bis zu drei-, viermal.

Wer macht sich denn die Arbeit, den ganzen Tand zu sortieren?

Schläger: Vor allem der 13-köpfige Beirat des Diakonievereins. Darüber hinaus haben wir ein halbes Dutzend bewährter Helfer. Am Markttag selbst ist eine Mannschaft von 100 Leuten im Einsatz.

Kaum zu glauben, dass sich so viele Menschen finden, wie das?

Schläger: Es macht einfach Spaß. Ich persönlich finde ja, dass der Grafflmarkt viel schöner ist als Roßtals Publikumsmagnet, der Martini-Markt, weil er viel familiärer ist. Er zeigt einfach ein schönes Miteinander des ganzen Orts. Im Pfarrgarten blüht dann meist die wilde Kirsche, heuer aufgrund der anhaltend kühlen Temperaturen schafft sie das leider nicht. Trotzdem haben wir hier ein ganz besonderes Ambiente.

Was spenden die Roßtaler?

Schläger: Aktuell sind Urlaubsmitbringsel aus den 1980er Jahren dran, Nippes wie Tonschalen oder Figuren.

Klingt nicht nach Schnäppchen . . .

Schläger: Oh, die haben wir durchaus. Einmal hatten wir eine Minox-Kamera, die für 50 Euro, ein Bruchteil dessen, wofür sie unter Liebhabern gehandelt wird, wegging. Schönes Markenporzellan ist bei uns auch immer zu finden.

Was geht gar nicht?

Schläger: Erstaunlicherweise geht eigentlich alles. Außer freilich Töpfe, in denen noch eingebrannte Essensreste kleben oder Gewürzregale mit uraltem Inhalt. Aber wir haben eine Helferin, die nimmt sowas mit nach Hause und macht es sauber. So viel Idealismus gibt es bei uns.

Wie sieht Ihre Preispolitik aus?

Schläger: Das beginnt bei 20 Cent, etwa für Spielsachen, für die sich Kinder interessieren könnten. Nach oben ist die Grenze offen. Für eine besonders schöne Vase wollen wir durchaus fünf bis zehn Euro, aber das auszuhandeln, überlassen wir den Leuten an den Verkaufsständen. Am wertvolleren Sortiment steht allerdings erfahrenes Personal, das sich auch von Profi-Händlern nicht über den Tisch ziehen lässt.

Pfarrer Jörn Künne sagt, Sie seien der ruhende Pol, der selbst für Katastrophen eine Lösung findet. Welche Katastrophe kann es bei der Organisation eines Grafflmarktes geben?

Schläger: Mein Albtraum wäre, dass es regnet. Da hätte ich allerdings null Einfluss.

Komischerweise, so heißt es vom Grafflmarkt, haben Sie noch nie schlechtes Wetter gehabt. Haben Sie einen besonderen Draht zu Petrus?

Schläger: Eigentlich nicht, aber es hat tatsächlich noch nie geregnet. Nur vergangenes Jahr hat es uns gegen Mittag mal reingenieselt. Mitunter ist es ziemlich kühl gewesen, das droht uns wohl auch am Sonntag. Erfahrungsgemäß hindert das die Besucher aber nicht, durch den Markt zu laufen. Anschließend setzen sie sich eben nicht im Pfarrgarten, sondern im Gemeindehaus zusammen. Es gibt Roßtaler, die ihren Hochzeitstermin auf das Grafflmarkt-Wochenende legen, weil die Wahrscheinlichkeit, schönes Wetter zu haben, dann besonders hoch ist.

Jeder Mensch besitzt etwa 15 000 Gegenstände, von denen er die wenigsten ständig braucht, hat Pfarrer Künne im März im Kirchenboten geschrieben und um Spenden für den Grafflmarkt geworben. Zeigte der Appell Wirkung?

Schläger: Durchaus. Das haben wir aus diversen Rückmeldungen herausgehört. Für manchen ist der Grafflmarkt die Gelegenheit, Ballast loszuwerfen. Ausräumen und entrümpeln befreit.

Der Grafflmarkt findet am Sonntag, 24. April, im Pfarrgarten (Schulstr. 17), 10 bis 17 Uhr, statt, zeitgleich hat das Heimatmuseum nebenan geöffnet. Letzte Termine für die Abgabe von Sachspenden sind am heutigen Freitag, 15 bis 18 Uhr, und am morgigen Samstag, 9 bis 11 Uhr.

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