Rundfunkmuseum zeigt Tops und Flops

1.11.2016, 16:00 Uhr
Rundfunkmuseum zeigt Tops und Flops

© Fotos: Thomas Scherer

Was ist das denn? Ein Stoffhütchen mit ausfahrbarer Antenne? Sind wir denn alle ferngesteuert? Noch nicht, aber fast. Dieser Stoffhut beinhaltet in einer Tasche in der Krempe ein winziges Radio. „Ein Transistor, ein Regler, ein kleiner Lautsprecher, das reicht schon“, erläutert Museumsleiter Danny Könnicke, der den Hut eher als Witzerfindung begreift. Immerhin nimmt der Radiohut aus der Mitte der Siebziger Jahre den Walkman um gut 15 Jahre vorweg. Und anders als der Walkman, der schon zahlreiche akustisch abgeschottete Flaneure auf der Straße und an Bahnübergängen in den Tod gerissen hat, belässt der Radiohut dem Gehör noch halbwegs die akustische Teilnahme an der Umwelt.

Es gibt noch mehr Kuriosa, etwa die Kaffeemaschine mit integriertem Radio, der Espresso zum morgendlichen Dampfgeplauder. Oder die klobigen Kopfhörer mit eingebautem Radio. Warum scheitern Erfindungen? Da gibt es mehrere Gründe. Zum einen werden sie von Verbesserungen abgelöst, obwohl die zugrunde liegende Idee dieselbe ist. Etwa mit Edisons Phonograf, der eine teure Walze abspielt und Emil Berliners Schallplatte. Die bietet mehr Fassungsvermögen und verfügt über eine bessere Akustik.

Macht der Verträge

Warum aber hat sich das 1936 entwickelte Tefifon nicht durchgesetzt? Immerhin verfügt dieser Zwitter aus Tonband und Plattenspieler über Bänder mit bis zu vier Stunden Spieldauer. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg standen sämtliche bedeutenden Sänger bei Schallplattenfirmen unter Vertrag. Wer schafft sich ein teures Gerät an, um drittklassige Interpreten zu hören? Exitus.

Zu den Tops der Radiotechnik gehört die Entwicklung des Transistors 1947. Dieser löste die Röhre ab und ermöglichte ob seiner kleinen Dimensionen das Kofferradio, das man bequem zum Picknick ins Grüne mitnehmen konnte. Deswegen war das gute alte Röhrengerät auf der Kommode mit magischem Auge und gut einer Minute Vorglühzeit noch lange nicht überflüssig, es trat seinen Status als technischer Mittelpunkt der Familie erst ab 1954 — mit der Fußball-WM — an den Fernseher ab. Dafür ermöglichte der Transistor aber auch solch kuriose Flops wie Radiohut und klingende Kaffeemaschine.

Auch das Auge hört mit. Zu den tragischen Totgeburten gehört die Bildplatte der 1970er Jahre, die gut 15 Minuten optische Information auf einem Träger in den Ausmaßen einer Schallplatte speicherte. Entsprechend spielte man die Bildplatte mit einer Diamantnadel ab. Indes war die Qualität nicht besonders, das Angebot beschränkte sich auf Zeichentrick- und Kulturfilme. Nach nur zwei Jahren war die Bildplatte wieder weg vom Fenster.

Anders hingegen die 1978 auf den Markt gekommene Laserdisc, die mit einem Lasergerät abgespielt wurde, und ebenfalls im Format der Langspielplatte daherkam. Diese erfreut sich ob ihrer optischen Qualität bei Technikfreaks heute noch hoher Beliebtheit. Doch spätestens die kleine, ungemein mehr Informationen speichernde DVD drängte ab dem Jahr 2000 die Laserdisc vom Markt. Mehr noch als der Erfinder muss der Designer mit dem Scheitern kämpfen. Von zig Entwürfen findet vielleicht nur einer oder keiner Gnade vor den Augen des Direktors. So präsentiert das Rundfunkmuseum eine kleine Auswahl von leeren Radiogehäusen in knallig-poppigen Farben. Doch Herr Grundig bevorzugte offenbar konservativ gedeckte Farbtöne, die allerdings in Metallic. Auch bei Metz machte man sich so seine ästhetischen Gedanken und überzog einen Fernseher mit schwarzem Klavierlack. Doch blieb es nur bei dem einen Musterexemplar.

Steht das Wasser bis zur Oberkante Unterlippe, hilft keine technische Innovation mehr. Dann muss eben der Designer her. Als ab 1989 der größte Rundfunkgerätehesteller der DDR, das Großkombinat RFT in die roten Zahlen geriet, engagierte es den Designer Luigi Colani, um den Fernsehern ein edleres Aussehen zu verleihen. So ein formschönes abgerundetes Gerät steht denn auch im Raum, edel und luxuriös. Hat aber nichts genutzt, 1996 kam das Aus für RFT.

Ideen geklaut

Manche durchgefallenen Erfindungen scheitern aber gar nicht, sondern feiern fröhliche Auferstehung. Sie werden nur von anderen Herstellern aufgegriffen und besser vermarktet. Das nennt man auch Ideenklau. Ein Lied davon kann Andreas Pavel singen, der 1976 auf einer Messe Vertretern von Philips die Idee eines miniaturisierten bequem tragbaren Recorders vorstellte. Die Vertreter zeigten sich nicht interessiert. Doch Sony verfolgte die Idee weiter und brachte drei Jahre später den Walkman auf den Markt. Erst 2004 konnte Pavel vor Gericht einen Ausgleich durchsetzen.

Und das im Ausstellungstitel genannte Video 2000? Das war Grundigs letztes Paradepferd, der Versuch, 1979 auf den bereits abgefahrenen Zug der Videogeräte doch noch aufzuspringen. Video 2000 bestach zwar durch eine hervorragende Technik, die den Konkurrenten VHS und Betamax teilweise überlegen war. Jedoch kam Video 2000 zu spät, die Konkurrenz war bereits fest etabliert. Ein bitterer Beweis dafür, dass der richtige Zeitpunkt mehr zählt, als die beste Qualität.

Die Ausstellung ist bis 22. März 2017 im Museum, Kurgartenstraße 37, zu sehen.

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