Schule sucht Schüler

22.5.2010, 00:00 Uhr
Schule sucht Schüler

© Hans-Joachim Winckler

Eine Reise durch die Welt - so lautete das Motto unter dem gestern die Stadelner Hauptschüler ihr Sommerfest feierten. In einzelnen Klassenzimmern stellten Schülergruppen jeweils ein Land dieser Erde vor. Von Jamaika bis Großbritannien. Die Stimmung war gut, der Elternbeirat hatte passenderweise ein Länderbüfett organisiert. Alles wirkte sehr harmonisch, beschaulich, ja fast schon familiär.

»Unsere Schule ist überschaubar, man kennt sich«, sagt Rektorin Barbara Jäger-Reichel. In ihren Augen ist das »ein großes Plus«. Doch dieser Segen verkehrt sich nun ins Gegenteil. Hat man derzeit zwei 5. Klassen, so gibt es nun Probleme, fürs neue Schuljahr auch nur eine einzige zu bilden. Dabei benötigt man dafür nur 15 Kinder.

Zwar ist bekannt, dass den Hauptschulen der Nachwuchs fernbleibt, »aber dieser starke Rückgang hat uns dann doch überrascht«, räumt Jäger-Reichel ein. 180 Kinder und Jugendliche besuchen die Bildungseinrichtung in der Hans-Sachs-Straße mit ihrem gerade mal zwölf Jahre alten Gebäude. Früher waren es 250 bis 280 Kinder. Der Geburtenrückgang habe seinen Teil dazu beigetragen, so Jäger-Reichel. Vor allem aber der Umstand, dass viele Eltern für ihre Kinder nur eine Chance auf dem Arbeitsmarkt sehen, wenn diese eine weiterführende Schule besuchen.

Exemplarisch sei das an der benachbarten Grundschule zu beobachten, wo der Trend ganz stark weg von der Hauptschule gehe. Dass die Schüler inzwischen schon nach der 4. Klasse auf die Realschule wechseln können habe die Lage ebenso verschärft wie die Neuregelung des Übertritts, die es ermögliche, der Hauptschule nun schon mit einem Notendurchschnitt von 2,66 ohne Probeunterricht den Rücken zu kehren.

Gegen das schlechte Image

Jäger-Reichel hat einerseits Verständnis dafür, dass »Eltern ihren Kindern alle Türen offen halten wollen«. Andererseits kämpft sie vehement gegen das schlechte Image der Hauptschulen. Gerade in einer kleinen Bildungseinrichtung wie in Stadeln habe man doch ganz besondere Möglichkeiten. Mitstreiter findet die Rektorin in den Elternbeiräten, die - nachdem sie von dem Problem gehört hatten - prompt auf die Idee mit dem Zeitungsinserat kamen: »Freundliche Schule in angenehmer Umgebung und mit guter Ausstattung braucht Zuwachs.«

»Wir hoffen, damit Mütter und Väter überzeugen zu können«, sagt die stellvertretende Vorsitzende des Elternbeirats, Susanne Hübner, die betont, dass Gewalt und Kriminalität an der Schule Fremdwörter seien. Letztendlich schwingt aber auch die Befürchtung mit, die Stadt könne den kleinen Standort mittelfristig schließen. »Ich bin Bürgerin dieser Stadt, ich weiß, wie groß die finanziellen Probleme sind«, sagt die Rektorin.

Von Seiten der Kommune kommt - vorerst - Entwarnung. »Im September wird auf jeden Fall eine 5. Klasse in Stadeln gebildet«, sagt Bürgermeister Markus Braun. Das hätten Gespräche mit dem Schulamt ergeben. Notfalls müssten Kinder von der Schickedanz- oder der Soldnerschule »nachgefragt« werden, die ab September mit Stadeln einen Mittelschulverbund bilden werden (wir berichteten). Braun macht aber auch klar, dass es sich hierbei nicht »um eine Lösung auf Dauer handelt«. Wenn es künftig bei den geringen Zahlen bleibe, müsse man über »Alternativen« nachdenken.