Skeptischer Beobachter der Menschheit

14.2.2016, 07:53 Uhr
Skeptischer Beobachter der Menschheit

© Foto: Edgar Pfrogner

Es gibt Bilder, die springen einen an. Im Guten wie im Schlechten. Es gibt Bilder, die lassen einen gleichgültig. Und es gibt Bilder, vor denen steht man wie der Ochs vorm Berg, fragend, was das denn soll. Man könnte achselzuckend weitergehen. Aber nach drei Schritten kommt man wieder zurück und betrachtet das Bild aufs Neue. Eine Neugier ist geweckt, die in die tieferen seelischen Schichten reicht. Und die verlangt nach Aufklärung, Kategorie „Sinn des Lebens“. Die Bilder von Roland Epper (64) gehören dazu.

Dabei könnte man Eppers Erfindungen auf den ersten Blick für Cartoons halten, für bunte Witzzeichnungen. Bloß mit einem Witz, den keiner versteht. Meist stehen sich in einem geschlossenen Raum zwei karikaturenhafte Gestalten gegenüber, meist im Profil und mit großer Nase gesegnet. Dazu mit einem Blick, der irgendwo zwischen Erkenntnis, Verblüffung und Erstarrung variiert. Das Interieur ist in knallbunten Farben gehalten, Holzmasermuster schlieren über die Möbel, Bücher fliegen herum, eine Bong qualmt vor sich hin, und ein Bömbchen wartet auf die Zündung. Das sind so die üblichen Versatzstücke.

Jedes Bild ist mit einem selbstverfassten Spruch bedacht, oft in Reimform. Wer aber davon Aufschluss erwartet, steht erst recht dumm da. Der Spruch ergibt meist keinen Sinn. Und falls doch, dann muss man um drei Ecken denken. Etwa: „Wenn ich einen Schimpansen hätte, dann würde ich ihn Darwin nennen.“

Der Spruch will geknackt sein. Klappt nicht? Na gut. Aber in irgendeinem Bezug zum Bild muss er ja stehen. Man sieht also eine absurde Situation, garniert mit einem absurden Spruch. Und nicht immer, aber manchmal macht es „klick“ im Kopf, und ein Lichtstrahl der Erleuchtung dringt in die arme Seele. Für einen Moment hat man die Wahrheit begriffen. Und dann ist der Moment schon wieder vorbei. Die Buddhisten nennen dies „Satori“. Ein Weg, zum Satori zu gelangen, ist das Meditieren über ein Koan, eine Rätselfrage, die mit logischem Denken nicht zu lösen ist. Etwa „Wie klingt das Klatschen mit nur einer Hand?“ So gesehen, sind Roland Eppers Bilder und Texte Koans. Und die Figuren darauf befinden sich gerade selbst im Moment der Erleuchtung. Ihr Blick besagt: „Ach, so ist das. Warum zum Teufel bin ich nicht schon längst darauf gekommen?“

Wie aber findet der Wahlfürther aus der Eifel seine Ideen? Durch Experiment und Intuition. Meist beginnt er mit einem Klecksbild, gelegentlich spricht ihn ein Klecks an. Diesen vervollständigt er mit einer Zeichnung, dann kommt die Umgebung dazu. Dann wird die Zeichnung in den Computer eingescannt, wird durch mehrere Farb- und Musterfilter durchgejagt, und am Ende kommt ein psychedelischer Cartoon heraus. Der bleibt ein paar Tage liegen.

Dann nimmt ihn sich der Künstler noch mal vor, anschließend kommt der passend unpassende Text dazu. Experiment und Assoziation. Als drittes Arbeitselement gesellt sich die Disziplin dazu. Seit zehn Jahren arbeitet Epper an seiner Endlos-Serie „eigenartich“. Jeden Tag schafft er ein Bild und stellt es ins Internet.

Dabei versteht sich Roland Epper weniger als Künstler, eher als skeptischer Beobachter der Menschheit. „Was die geistige Entwicklung des Menschen betrifft, so stehen wir immer noch auf der Stufe des Simea raptans, des Raubaffen", meint er. Und ein weiteres tiefstes Geheimnis aller ausstellenden Künstler gibt er in einem Bild preis: „Vernissage is’ gewöhnlich für’n Arsch. Nur wenn jemand kaufen tut, dann is’ sie gut.“

„Wenn ich einen Schimpansen hätte . . .“: Galerie in der Kofferfabrik (Lange Straße 81). Bis 31. März.

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