Sorge um Passagierin aus Oberasbach

17.1.2012, 11:00 Uhr
"Das Schiff hat da nichts zu suchen": Am Freitagabend rammte die "Costa Concordia" einen Felsen und kenterte.

© epa/ansa/Archiv "Das Schiff hat da nichts zu suchen": Am Freitagabend rammte die "Costa Concordia" einen Felsen und kenterte.

Anders als bei den meisten Passagieren, für die die Kreuzfahrt gerade erst begonnen hatte, war die Reise für die vermisste 52-Jährige und ihre Freundin am Freitagabend schon fast zu Ende: Am Samstagmittag hätten die beiden Frauen von Bord gehen sollen, sagt Judith Weingart, Sprecherin bei Playmobil, dem Arbeitgeber der Vermissten.

Seit 23 Jahren gehört die Oberasbacherin Weingart zufolge zum Unternehmen, sie ist zuständig für koordinierende Tätigkeiten in der Deko-Abteilung. Am Montag wurde sie an ihrem Arbeitsplatz zurückerwartet. Die Sorge war groß, als die Frau nicht erschien: "Die Kollegen wussten natürlich, was sie für einen Urlaub vorhatte." Der Abteilungsleiter wurde laut Weingart von einer Freundin darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass das Schicksal der Frau ungewiss sei. "Wir haben dann eine Hausmitteilung verschickt, damit man gemeinsam hoffen kann." Die Hoffnung sei etwa, dass "sie vielleicht doch in einem Krankenhaus ist, da war ja ein bestimmtes Maß an Chaos da".

Erst am Montagnachmittag bestätigten das bayerische Landeskriminalamt und das bayerische Innenministerium, dass unter den Vermissten auch eine Frau aus Bayern, aus Mittelfranken sei. Über das Radio und das Internet hatte sich die Nachricht allerdings schon am Morgen verbreitet: Angetrieben von großer Sorge hatte die Freundin der Vermissten den Kontakt zu den Medien gesucht und um Hinweise gebeten. Leider fehle von ihrer Freundin, mit der sie an Bord der „Costa Concordia“ war, jede Spur, sagte sie. Und erzählte, etwa im Interview mit Antenne Bayern, von den Szenen, die sich abspielten, nachdem das Kreuzfahrtschiff am Freitagabend den Felsen vor der Insel Giglio gerammt hatte.

Sie schilderte, wie sie noch gemeinsam versucht hatten, Platz in einem der Rettungsboote zu finden: „Ein Mann hat eine Frau mit Kind weggeschubst, um reinzukrabbeln. Meine Freundin und ich sind da anders gelagert. Wir sind zurück, als drei Rollstuhlfahrer gekommen sind.“

Chaotisch sei es zugegangen, ein koordiniertes Vorgehen der Crew habe es nicht gegeben. Im Schiffsinneren verloren sich die beiden Frauen schließlich aus den Augen, als das Schiff in Schräglage geriet: „Wir sind runtergerutscht auf die andere Seite des Decks. Es ging nur abwärts und dann stand das Wasser schon vor uns.“ Wenig später war die Freundin verschwunden. Sie selbst sei im eiskalten Wasser zur nahen Insel geschwommen, wo sie leicht verletzt ankam.

Im Auswärtigen Amt betonte eine Sprecherin auf Anfrage der FN, dass mit Hochdruck daran gearbeitet werde, Klarheit über den Verbleib aller Vermissten zu erlangen. Nachrichtenagenturen zufolge sagte ein weiterer Sprecher, dass es möglich sei, dass die Vermissten sich nirgendwo gemeldet hätten und auf dem Heimweg seien.

In Unterasbach kann unterdessen Rudolf Henning nicht begreifen, wie es zu dem Unglück kommen konnte: „Kopfschüttelnd“ verfolge er die Nachrichten, sagt Henning, der aus Bremerhaven stammt und selbst 40 Jahre lang zur See gefahren ist, bevor er im Fürther Landkreis heimisch wurde. Als Kapitän steuerte er keine Passagier-, sondern Containerschiffe — „aber Schiff ist Schiff“, sagt er. Und für jeden Kapitän gelte die oberste Regel: „Man ist verpflichtet, einen sicheren Kurs zu fahren.“

"Das Ding ist in jeder Karte eingezeichnet"

Henning erzählt, dass er die Gegend, die nun in den Schlagzeilen ist, gut kennt: „Wir sind da oft vorbeigefahren — und immer mit einem großen Bogen an der Insel vorbei.“ Den Felsen könne kein Kapitän übersehen, „das Ding ist in jeder Karte eingezeichnet“. Als er am Freitagabend die Bilder der Katastrophe sah, sei sein erster Gedanke gewesen: „Das Schiff hat da nichts zu suchen.“ Mit Sicherheit, sagt Henning, werde der Kapitän ins Gefängnis wandern, „auf den Kerl kommt einiges zu“.

An und für sich, sagt Henning, seien Kreuzfahrten sehr sicher — wenn der Kapitän gut ausgebildet sei, wie vorgeschrieben einen sicheren Kurs wähle „und schlechtem Wetter ausweicht“. Gerade bei Billiganbietern von Kreuzfahrten aber hat Henning seine Zweifel, ob das Personal auf den Ernstfall ausreichend vorbereitet sei. Auch gebe es Rettungsboote, die im Notfall besser zu handhaben seien als andere - aber auch teurer.

„Ein Unglück, das sich nie wiederholen darf“, nennt Jörg Gauglitz, Leiter des Fürther TUI-Reisebüros, die Havarie der „Costa Concordia“. Die Branche, so vermutet Gauglitz, könnte eine nach dem Unglück "eine Lähmung" erfahren, werde sich aber sicher wieder erholen. "Die Menschen wissen, dass in den letzten Jahren nichts passiert ist." Die Sicherheitsbestimmungen seien sehr hoch.

Gauglitz will selbst im Mai zu einer Kreuzfahrt aufbrechen. In seinem Reisebüro habe es noch keine Stornierungen gegeben. In einem Fürther Reisebüro der Konkurrenz hingegen klingelte das Telefon: Eine Familie mit Kindern will die gebuchte Kreuzfahrt nun nicht mehr antreten.

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