Straßenausbaubeitragssatzung als heißes Eisen

20.12.2015, 13:00 Uhr
Straßenausbaubeitragssatzung als heißes Eisen

© Archivfoto: Heinz Wraneschitz

An der Strabs scheiden sich die Geister, nicht nur in Bayern. Von den etwa 2600 Gemeinden im Freistaat haben zirka 1500 eine Strabs, in Mittelfranken sind es 73 Prozent, in Niederbayern aber nur 43 Prozent. Beileibe nicht überall werden die Bürger also beim Erneuern von Gemeindestraßen zur Kasse gebeten, stellt Scheuenstuhl klar. Die Wilhermsdorfer zum Beispiel sind bislang verschont, wie weitere vier Fürther Landkreiskommunen. In den neun anderen gibt es eine Strabs. Scheuenstuhl meint: Was darin bereits heute geregelt sei, werde auch künftig so bleiben. So dürfe „beileibe nicht alles, was an den 100 000 Kilometer Gemeindestraßen gebaut wird, abgerechnet werden“.

Eine Soll-Bestimmung

Und: Die Strabs wird weiterhin eine „Soll“-Bestimmung bleiben, sind sich im Grundsatz wohl alle Parteien einig: „Soll“ bedeute behördenintern zwar, eine Strabs zu haben, sei quasi Pflicht, erläutert Scheuenstuhl. Doch wenn – wie bisher Wilhermsdorf – die Gemeinde den Straßenausbau komplett aus dem Haushalt stemmen könne, dann würde sie niemand zu einer Strabs zwingen.

„An ein Muss hat sich niemand getraut, weil es Gemeinden gibt, die sie nicht brauchen. Der Schwarze Peter wird hin und her geschoben: Eine Gemeinde muss spätestens dann eine Strabs beschließen, wenn sie am Ende ihrer Finanzkraft ist. Denn dann kommt der Staatskommissar.“ Auch das bleibe laut Scheuenstuhl wohl beim Alten beim neuen Gesetz.

Vier Entwürfe für das neue Strabs-Gesetz liegen Bayerns Parlamentariern vor, von jeder Fraktion einer. Die Wünsche der Parteien unterscheiden sich nur in Details.

Einen völlig neuen Punkt haben alle aufgenommen: Bayerns Kommunen sollen die Möglichkeit bekommen, die Strabs nicht mehr nur wie bisher auf einen Schlag zu kassieren, sondern auch über „wiederkehrende Beiträge“. Auf maximal fünf Jahre und Grundbesitzer des gesamten Ortsbereichs verteilt, in dem die runderneuerte Straße liegt. Die aktuelle Regelung habe Grundbesitzer mit langen Fronten zu renovierten Straßen oft fast in den Ruin getrieben, berichten Besucher.

Doch gerade bei der Verteilung auf alle Grundbesitzer eines Gemeindeteils über wiederkehrende Beiträge komme der Begriff „Vorteil“ ins Spiel, merkt Jürgen Jordan aus Nürnberg an, einer der profiliertesten Anti-Strabs-Aktivisten und Sprecher des Verbands Bayerischer Bürgerinitiativen: „Hier muss der mir vorliegende Vorteil konkret aufgezeigt werden.“ Das sei beispielsweise für Anlieger einer Stichstraße schwierig, sollen die für die Renovierung einer Durchgangsstraße in die Pflicht genommen werden.

Allerdings hat die Stadt München bekanntlich vor zwei Jahren ihre Strabs zurückgenommen. Jordan wertet die Strabs gar als „Verstoß gegen die Paragrafen 3 und 14 des Grundgesetzes. Denn Straßen sind Allgemeingut. Wir werden nicht nachlassen, daran zu arbeiten, dass das Gesetz verschwindet“, erklärte er.

Streit zu erwarten

Das hatte der Nürnberger wohl auch schon bei einer Anhörung im Bayerischen Landtag angedroht. Auch deshalb nennt Scheuenstuhl die dortigen Auseinandersetzungen „zermürbend“. Die Prüfung, welchen Vorteil ein Grundstücksbesitzer vom Ausbau hat, werde im Streitfall wohl an den Gerichten hängenbleiben, glaubt er. Streitigkeiten seien ebenfalls zu erwarten, wenn es um den Umfang von Ausbaumaßnahmen geht, meint Scheuenstuhl. Denn „bei wiederkehrenden Beiträgen dürfte die Hemmschwelle bei den Gemeinderäten sinken“, mehr auszubauen als wirklich notwendig.

Der Landtagsabgeordnete sieht noch eine weitere „Gefahr der Strabs: Ich lasse eine Straße kaputtgehen, und dann den Bürger mitfinanzieren.“

„Ich war persönlich in Wilhermsdorf der Meinung, ich brauche keine“, erinnert sich Scheuenstuhl an seine Zeit als Bürgermeister. Und hier sei der Stand bis heute so. „Aber was ist nach 2016?“

Auf diese Frage Scheuenstuhls wollte an diesem Abend freilich keines der anwesenden Gemeinderatsmitglieder antworten. Denn auch das neue Gesetz wird ihnen die Entscheidung „Strabs oder keine Strabs“ nicht abnehmen.

Keine Kommentare