Unrühmliches Ende von Gärhaus und Hopfenspeicher

11.12.2012, 13:00 Uhr
Unrühmliches Ende von Gärhaus und Hopfenspeicher

© Volker Dittmar

Es handelt sich um ein Gebäude aus dem ersten Bauabschnitt, der noch vor dem Sudhaus von 1911 errichtet wurde. Während Sudhaus und alte Mälzerei an der Schwabacher Straße bereits bei der ersten Kartierung des Landesamtes vor zwei Jahrzehnten als Baudenkmäler eingestuft worden waren, ist das Gärhaus von 1896 erst heuer bei einer von interessierten Bürgern und Stadtheimatpfleger Alexander Mayer angeregten Revision in die Denkmalliste aufgenommen worden.

Zu spät, wie der Leiter des Stadtplanungsamtes, Dietmar Most, auf Anfrage der Fürther Nachrichten meint. Denn der Bebauungsplan für die Errichtung neuer Wohngebäude auf dem Brauereigelände sei bereits rechtskräftig.

Schmerzlich ist der Verlust wertvoller Bausubstanz auch für den Hobby-Brauereihistoriker Felix Geismann. Dies schon deshalb, weil sie lediglich einer Erschließungsstraße weichen muss und nicht nach dem Vorbild der Vacher Brauerei zu Lofts ausgebaut wird. Geismann stammt aus jener Brauerfamilie, deren Firma 1967 mit Humbser fusionierte, bevor Patrizier und zuletzt Tucher das Unternehmen schluckten. Die Münchner Inselkammer-Gruppe als früherer Tucher-Eigentümer hat einen Teil ihres rund 50.000 Quadratmeter großen Brauereigeländes zur Bebauung verkauft.

8700 Quadratmeter sicherte sich die Erlanger Immobilienfirma Sontowski & Partner, weitere 7400 Quadratmeter mit dem historischen Gärhaus die Nürnberger Bauhaus Liebe und Partner GmbH. Letztere möchte ab 2013 sieben Gebäude mit 90 Wohneinheiten errichten. 75 Wohnungen plant die Sontowski-Gruppe. Insgesamt sollen auf dem Brauereiareal etwa 400 Wohnungen entstehen. Im alten Sudhaus ist laut Inselkammer-Immobilienchef Martin Leibhard eine gastronomische Nutzung – eventuell mit historischer Brauerei – vorgesehen.

Im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplanes hatte sich das Landesamt für Denkmalpflege um eine Nachkartierung bemüht. „Trotz mehrfacher Terminvorschläge kam es zu keiner Begehung“, heißt es in einem der FN-Redaktion vorliegenden Gutachten der Behörde. Als die Denkmalschützer am 14. Juni 2012 endlich das Areal noch einmal unter die Lupe nehmen konnten, war es bereits zu spät. „Wegen des fortgeschrittenen Verfahrensstandes“ stimmte das Landesamt schließlich der Beseitigung des ausdrücklich als erhaltenswert eingestuften Gärhauses „unter Zurückstellung erheblicher Bedenken“ zu.

Ganz erfolglos war die Revision jedoch nicht. Denn auch das Pförtnerhäuschen an der Fichtenstraße, das dahinter liegende Kühlhaus mit kunstvoll ausgestatteten Büros der Geschäftsführung und der 122 Jahre alte Pfeilgitterzaun wurden vom Landesamt nachträglich als denkmalwürdig eingestuft. Pförtnerhäuschen, Kühlhaus und ein Teil des Zaunes sollen laut Most ebenso wie das Pförtnerhäuschen an der Dambacher Straße, Sudhaus und Mälzerei erhalten bleiben. Das Gärhaus hätte nach Mayers Ansicht bei einer nachträglichen Änderung des Bebauungsplans gerettet werden können. Dem widerspricht jedoch Most mit dem Hinweis auf mögliche Schadensersatzforderungen des Bauherrn an die Stadt.

Was Mayer bis Montagnachmittag noch nicht wusste: Es wurde bereits Abbruchgenehmigung erteilt. Laut Denkmalschutzgesetz hätte der Stadtheimatpfleger in das Verfahren einbezogen werden müssen. Dass das nicht geschehen ist, stuft er nun als „rechtswidrig“ ein und spricht von einer „bodenlosen Sauerei“. Für Geismann wiederum handelt es sich um einen „absurden Akt“. Für das Gärhaus mit seiner patentierten Luftkühlung („System Humbser“) und einer frühen Lindeschen Eiserzeugungsmaschine läuft die Uhr unerbittlich ab.

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