Weggesperrt: Denkmal gegen das Vergessen

2.9.2018, 10:00 Uhr
Weggesperrt: Denkmal gegen das Vergessen

© Fotos: Winckler (2), Schlagintweit, Scherer

Es ist ein authentisches Zeitdokument. Ausdruck des verzweifelten Wartens vieler Frauen und Kinder auch in Fürth auf die noch nicht aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrten Männer. Geschaffen hat es 1951 der Mitbegründer des Rings Fürther Künstler (später Kulturring C) Karl Dörrfuß zur Fürther Gartenschau. Mit dem in frischen Putz geritzten Sgraffito verarbeitete er seine eigenen Erlebnisse der Kriegsgefangenschaft. Bewusst hatte man die Säule an einem der schönsten und verkehrsreichsten Standorte postiert, um möglichst vielen Menschen das Los der Gefangenen vor Augen zu führen.

Weil Vertriebenenverbände das Denkmal aber bald für ihre jährlichen Gedenkfeiern vereinnahmten, bekam es eine politische Dimension. Obwohl die Feiern mangels Beteiligung längst eingestellt worden waren, weinte man der Säule keine Träne nach, als sie 2004 der Generalsanierung der Adenaueranlage mit Fördermitteln aus dem Programm "Soziale Stadt" im Weg war und in den Stadtpark versetzt wurde. Lediglich der Arbeitskreis "Kunst im öffentlichen Raum" warnte vor der Zerstörung des nun nicht mehr überdachten Sgraffitos durch Witterungseinflüsse.

Die Nässe setzte der Säule denn auch bald schon zu. Plastikfolie und eine Abdeckplatte boten keinen dauerhaften Schutz. Wann und auf wessen Veranlassung das Kunstwerk dann mit jenem Holzverschlag umgeben wurde, der wie ein Plumpsklohäuschen anmutet, das kann man in städtischen Ämtern auf Anhieb heute nicht mehr sagen. Auch nicht, wie lange dieser Zustand noch dauern soll.

"Wir warten auf weitere Entscheidungen", skizziert der kaufmännische Leiter der städtischen Gebäudewirtschaft, Albert Ruhhammer, auf Anfrage der Fürther Nachrichten den Stand der Dinge. Nicht zum ersten Mal wäre durch zu langes Zuwarten ein Kunstwerk im Stadtpark zerstört worden. Gänzlich ruiniert wurde bereits ein ebenfalls 1951 entstandenes Sgraffito der Fürther Künstler Georg Weidenbacher und Hans Langhojer auf einer mittlerweile abgetragenen Schmuckwand oberhalb des Stadtparkweihers.

Langhojer (1910-1993) und Weidenbacher (1905-1984) waren Weggefährten des 1984 im Alter von 78 Jahren verstorbenen Dörrfuß. Sie hatten das Thema Flucht und Vertreibung mit einem haushohen Sgraffito in der Leyher Straße 79 verarbeitet, das 2007 der Gebäudesanierung zum Opfer fiel.

Die Diskussion darüber, neue Methoden der Fassadenisolierung und die Bemühungen des Arbeitskreises sorgten im Anschluss daran jedoch für die Rettung zahlreicher Fassadenkunstwerke aus der Nachkriegszeit. Prominentestes Beispiel ist das große Mosaik von Georg Weidenbacher und Hans Langhojer aus Carrara-Marmor am ehemaligen Filmsaal der Berufsschule in der Jahnstraße.

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