Wohnen im Ex-Büro

14.1.2010, 00:00 Uhr
Wohnen im Ex-Büro

© Hans von Draminski

Schon von draußen erinnert nicht mehr viel ans alte Bauamt. Joachim Krauße hat hier lange Zeit gearbeitet, jetzt steht der Baureferent der Stadt Fürth im Schnee der Breitscheidstraße und begutachtet mit Kennerblick die Fassade. «Die Fensteröffnungen wurden vergrößert», sagt er. Und auf das vierstöckige Bauwerk noch zwei weitere Geschosse gesetzt.

Sieben Millionen Euro hat der Sanierungsspezialist P & P für Kauf und Umwandlung des ehemaligen Ämtergebäudes in Wohnraum ausgegeben – und nicht zum ersten Mal ein gutes Gespür für einen Standort bewiesen. Alle 26 Wohnungen im «City Central» – wie das Gebäude zur besseren Vermarktung genannt wurde – waren innerhalb eines halben Jahres verkauft worden.

Der Eingang ist noch an derselben Stelle, ebenso Treppenhaus und Aufzugsschacht, doch sonst wirkt fast nichts mehr, wie vor dem Auszug des Bauamts im Jahr 2005. Im vierten Stock, damals der höchste Punkt, befand sich Kraußes Büro. Auch heute geht es hoch hinaus. Familie Schmutzer ist seit vier Wochen im aufgestockten Teil des «City Central» zu Hause und bittet den Baureferenten zur Stippvisite in die Wohnung.

«Sie haben eine noch schönere Aussicht als ich damals», schwärmt Krauße beim Blick aus dem Fenster. «Bis zur Zirndorfer Alten Veste», bestätigt Uschi Schmutzer. Die Rentnerin lebte bis vor kurzem mit ihrem Mann in einem großen Haus in Dambach, doch das Paar wollte sich bewusst verkleinern und mietete sich die Penthouse-Wohnung in der Innenstadt.

Zwar rieten Freunde, das Haus nicht aufzugeben, doch schon nach vier Wochen fühlt sich Uschi Schmutzer in ihrer Entscheidung bestätigt, und auch die Bekannten seien nun vom neuen Domizil ganz angetan.

Auto bleibt in der Garage

Die Vorzüge der neuen Wohnlage sind für Schmutzer zahlreich: Einkaufsmöglichkeiten und Arztpraxen direkt vor der Haustür, zum Hauptbahnhof sind es zu Fuß nur fünf Minuten, neulich war sie mit dem Enkel Schlittenfahren im nahen Stadtpark und bei der aktuellen Witterung ist sie einfach nur froh, dass sie nicht mehr aufs Auto angewiesen ist. Beinahe wäre freilich alles ganz anders gekommen: Die Stadtverwaltung hatte ursprünglich überlegt, das Bauamt zu sanieren und weiter zu nutzen. Allerdings war die Haustechnik so verbraucht (Krauße: «Ich musste einmal eigenhändig einen Kabelbrand löschen»), dass man sich letztendlich entschloss, in der Hirschenstraße neu zu bauen und das Gebäude in der Breitscheidstraße zu verkaufen. Doch schnell kehrte Ernüchterung ein: Es fand sich nur ein Bieter, und dieser wollte gerade einmal die Hälfte des Verkaufswerts zahlen.

«Als Folge nahmen wir die Planungen selbst in die Hand», erinnert sich Krauße – um potenziellen Interessenten zu zeigen, was man aus dem Komplex alles machen kann.

Unter anderem wurde die Aufstockung des Hauses beschlossen und das Gebäude gleich mit Baugenehmigung «auf den Markt geworfen», so Krauße. Und siehe da: «Wir bekamen sofort den Preis, den wir wollten.»

Heute ist für ihn klar, dass man vor allem dann eine Chance hat, «wenn man eine Idee mitliefert». «Wir sind nicht München», sagt der Baureferent. «Um Leute nach Fürth zu locken, müssen wir Qualität bieten.»

Das ist auch sein erklärtes Ziel für die Zukunft. «08/15 geht für Fürth nicht.» Von 08/15 kann bei der Penthouse-Wohnung der Schmutzers auch keine Rede sein. Sie schwärmen immer noch von der Silvesternacht – hoch über den Dächern Fürths.