Nägel und Metallstangen

Gefahr im Maisfeld: Metallanschläge erschüttern Unterfranken

Julia Ruhnau

nordbayern.de

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21.8.2018, 05:45 Uhr
In Gerolzhofen in Unterfranken entdeckte ein Landwirt mehrere Schrauben an seinen Maisspflanzen. Geraten sie beim Ernten in die Maschinen, können sie zu tödlichen Geschossen werden.

© Polizei Unterfranken In Gerolzhofen in Unterfranken entdeckte ein Landwirt mehrere Schrauben an seinen Maisspflanzen. Geraten sie beim Ernten in die Maschinen, können sie zu tödlichen Geschossen werden.

Als Landwirt Michael Haußer im vergangenen Jahr sein Maisfeld im Allgäu abernten ließ, stoppte der Maishäcksler plötzlich abrupt. Kurz darauf sah der 50-Jährige den Grund dafür - und traute seinen Augen nicht: Zwei massive Metallstangen waren an den Maisstauden auf seinem Acker befestigt, fixiert mit Kabelbindern, und mitten im Feld platziert gut versteckt vor den Augen des Bauern. Doch nicht vor den Sensoren des Metalldetektors. Den haben viele Erntemaschinen an Bord, um Unfälle zu vermeiden. "Dann steht die Kiste von jetzt auf gleich", erklärt Haußer. Zum Glück, denn die Metallteile können erheblichen Schaden anrichten.

Nägel und Schrauben in Maiskolben versteckt

Eine ganze Serie solcher Fälle erschütterte im letzten Jahr das Donau-Ries westlich von Ingolstadt. An sieben Vorfälle erinnert sich Haußer, der einen kleinen landwirtschaftlichen Betrieb in Jengen bei Landsberg am Lech führt. Die Problematik ist nicht neu. 2016 gab es zwei Fälle im Landkreis Ansbach, erst vor wenigen Tagen registrierte die Polizei eine neue Serie in Unterfranken.

Dort hat gerade die Erntesaison begonnen, wegen der Hitzeperiode etwa einen Monat früher im Jahr als gewöhnlich. Ganze acht Fälle sind bei der Polizei inzwischen gemeldet, alle im Landkreis Schweinfurt in der Nähe von Gerolzhofen, einem Ort etwa 50 Kilometer westlich von Bamberg.

Unter anderem traf es dort einen Landwirt in Lappach. Unbekannte hatten auf seinem Acker Nägel in Maiskolben versteckt. Auch hier verhinderte der Metalldetektor am Mähdrescher Schlimmeres, die Maschine stoppte, bevor die präparierten Kolben in den Drescher gelangen konnten. Weniger Glück hatte ein Bauer in Gerolzhofen, wo Schrauben im Maisfeld einen Häcksler schwer beschädigten. Der Schaden beläuft sich auf etwa 7000 Euro.

Weil die Polizei mit den Fällen an die Öffentlichkeit ging und auch direkt die Landwirte informierte, ließen diese besondere Vorsicht walten. Viele liefen ihre Felder vor der Ernte ab - und entdeckten so weitere Metallteile. In fünf Fällen blieben die Attacken ohne Folgen, dreimal wurde ein Häcksler durch versteckte Teile beschädigt. Da die Sensoren an den Maschinen nicht bei allen Metallen anschlagen, hilft nur die gründliche Besichtigung als Absicherung.

Motiv ist bisher unklar

"Man fragt sich, hat der was gegen mich persönlich, oder gegen den Häckslerfahrer, oder generell gegen den Mais?", schildert der Allgäuer Landwirt Haußer seine Verunsicherung. Er sei damals erleichtert gewesen, als sich herausstellte, dass es sich um eine Serie handelt. "Es beruhigt, wenn man weiß, dass es nicht gegen einen persönlich geht." Denn die Metallanschläge sind nicht nur für die Maschinen eine Gefahr – auch der Mensch kann zur Zielscheibe werden. "Wenn so ein Metallteil in die Trommel kommt, fliegen die Fetzen", macht Haußer klar. Denn die Trommel sitze direkt unter der Fahrerkabine. Wenn ein Splitter die Abdeckung durchschlägt, kann das für den Fahrer lebensgefährlich werden. In diesem Jahr will der 33-Jährige deshalb auf Nummer sicher gehen. "Wir werden als Reaktion alle unsere Maisäcker ablaufen."

Das empfiehlt auch der Bayerische Bauernverband, wo das Problem bekannt ist. "Ein Maishäcksler kann durch Metallteile Totalschaden nehmen", sagt Pressesprecherin Brigitte Scholz. Die Geräte haben allerdings eine enorme Kraft und können es sogar mit anderem Material als den Maisstauden aufnehmen.

Bisher keine Täter gefasst

So wie in der Nähe von Dinkelsbühl. Dort wurde im Herbst 2016 ein Fall bekannt, bei dem eine Eisenstange im Maisfeld lag. "Die ist durch den Häcksler geschreddert worden", berichtet Rainer Seebauer von der Pressestelle der Polizei Mittelfranken. Verdächtige wurden nicht gefasst, genau wie bei der Serie im Donau-Ries.

"Man kann über die Gründe nur mutmaßen", sagt Stefan Rauh, Geschäftsführer beim Fachverband Biogas. Wahrscheinlich sei, dass die Täter grundsätzlich etwas gegen Maisanbau haben - oder gegen dessen Weiterverarbeitung zu Biogas. Kritiker lehnen den flächendeckenden Anbau von Mais zur Energiegewinnung ab, es ist eine immer wiederkehrende Debatte. Die Polizei in Unterfranken äußert sich mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen zurückhaltend, alle Motive seien bisher nur Spekulation.

Enormer wirtschaftlicher Schaden

Für die Landwirte kann der Schaden enorm sein. Bei der Serie im Donau-Ries habe ein betroffener Landwirt etwa keinen Lohnunternehmer mehr gefunden, um seinen Mais zu häckseln, erinnert sich Stefan Rauh vom Fachverband Biogas. Da nicht alle Bauern eigene Mähdrescher oder Häcksler besitzen, mieten sie diese bei entsprechenden Unternehmen. Als die Metallanschläge publik wurden, weigerten sich immer mehr Lohnunternehmer, Mais für die Biogasproduktion zu häckseln. Denn wenn die Maschinen beschädigt werden, geht der Schaden schnell in die Tausende.