Als Junglöwe in Großstadt durchgebissen

3.8.2012, 14:10 Uhr
Als Junglöwe in Großstadt durchgebissen

© Heiner Kowal

Noch in seinem ersten G-JugendSpiel musste der heute 15-Jährige von Vater Klaus darauf hingewiesen werden, wo denn der Ball eigentlich sei. Für seinen Heimatverein SpVgg/DJK Wolframs-Eschenbach kickte der talentierte Junge dann bis zur D-Jugend. Dass der Papa die meiste Zeit auch sein Trainer war, machte das Ganze nicht unbedingt leichter. Als 13-Jähriger fiel Eric mit seinem engagierten Spiel auf und nach heftigem Werben wechselte er zur SpVgg Ansbach, wo er sich sofort im Bezirks­oberligateam einen Stammplatz erarbeiten konnte. Neben der guten Nachwuchsarbeit zeigte sich auch die weitsichtige Strategie der SpVgg/DJK-Jugendleitung: Kann ein Spieler höherklassig kicken, soll er es versuchen. Und falls er irgendwann vielleicht wieder zurückkommt, wird er für den Verein eine Verstärkung sein.

Schon in Ansbach wurde der „Eschenbacher“ von mehreren Profi­clubs umworben und fiel einem Scout des TSV 1860 München auf, dessen Augenmerk eigentlich auf einen anderen Spieler gerichtet war. Nach dem zweiten Probetraining bot TSV-Jugendleiter Roy Matthes einen Platz im Internat an. Erics Eltern konnten sich überzeugen, dass durch einen Wechsel die schulische Ausbildung nicht leiden, sondern durch die pädagogische Unterstützung eher noch gefördert würde. Denn ein Fortgang der schulischen Bildung ohne voraussehbare Ab- oder Unterbrechungen galt als unbedingte Voraussetzung für einen Wechsel.
Eric Weeger war hin- und hergerissen. Zwischen einem Angebot, von dem eigentlich jeder Jugendspieler nur träumen kann, und einem Wechsel, wofür er seine Familie und die gewohnte Umgebung verlassen müsste und auch Freunde verlieren könnte. Obwohl ihm möglichst viele Heimfahrten in Aussicht gestellt wurden, war daran in der Regel nur alle zwei Wochen zu denken. Nach Abwägung der Vor- und Nachteile und vier Wochen Zeit des Überlegens, in der laut seinen Eltern ihr Sohn „ungenießbar war“, fiel eines Morgen die Entscheidung für die Löwen. Wie von Zauberhand war die gute Laune zurück und dominierte die Vorfreude.
Im älteren C-Jugend-Kader konnte sich Eric Weeger gleich im Stammkader etablieren – als „Sechser“. Weil der vorhergehende Jahrgang in die Bayernliga abgestiegen war, konnte das Saisonziel nur sofortiger Wiederaufstieg lauten. Dieses Vorhaben wurde ohne Punktverlust, teilweise mit zweistelligen Siegen und einem deutlichen 6:1 im entscheidenden Relegationsspiel, realisiert.
Nach einem Jahr München ist der Wolframs-Eschenbacher von seiner sportlichen Entwicklung selbst überrascht. Im Internat fühlt er sich richtig wohl und hat viele weitere Freunde gefunden. Schulisch gab es sogar eine leichte Verbesserung und mit der Klassenmannschaft wurde das Endturnier bei „Jugend trainiert für Olympia“ in Berlin erreicht. Zweimal gab es als Belohnung für gutes Spiel bereits ein Training mit den Profis. Mit ein paar seiner neuen Freunde wurde beim „adidas-UEFA-young-champions-Fußballturnier“ ein Altersklassensieg geholt. Mit den gewonnenen Eintrittskarten erlebte Eric Weeger ein „unvergessliches Champions-League-Finale 2012 mit den Bayern als unglückliche Verlierer.
Alles in allem sind die Weegers überzeugt, sich richtig entschieden zu haben. Trotz der nicht geringen Doppelbelastung mit zum Teil fünfmaligen Training pro Woche plus Spiele und Schule steht der Spaß im Vordergrund. Der „gelebte Traum“ muss aber jeden Tag schulisch und sportlich erarbeitet werden. Die Eltern loben den ständigen Kontakt mit den Betreuern in Internat und Verein. Der strikte Leistungsgedanke in einem solchen Verein ist ihnen aber sehr wohl bewusst, weswegen sie immer den zweigleisigen Weg „Schule und Fußball“ verfolgen. Denn sollte es einmal sportlich nicht mehr weitergehen, aufgrund fehlender Leistung, einer Verletzung oder vielleicht aus persönlichen Gründen, wäre schulisch nichts verloren: Die unvergesslichen Erlebnisse in einem Proficlub hingegen kann Eric Weeger keiner mehr nehmen.
Nach einem sportlichen Ende sieht es aber aufgrund des ungebrochenen Ehrgeizes nicht aus, was auch eine Aussage von Jugendleiter Roy Matthes bestätigt: „Ab der U15 kann der TSV 1860 im Jugendinternat an der Grünwalder Straße überaus talentierte Spieler unterbringen, für die eine tägliche Fahrt zum Training nach München zu weit wäre. Eric wurde einer der begehrten Plätze angeboten, weil die Löwen von seiner sportlichen Perspektive überzeugt sind. Er bringt derzeit sehr, sehr gute athletische Fähigkeiten mit, gepaart mit den richtigen Charaktereigenschaften wie Ehrgeiz, Bodenständigkeit und Lernbereitschaft, die für uns wichtige Voraussetzungen sind. Trotzdem kommen die entscheidenden Jahre erst noch, in denen Spieler sowohl technisch als auch taktisch noch den Feinschliff für das höchste Niveau erhalten müssen. Wenn uns dies bei Eric gelingt wie in den Vorjahren bei Kevin Volland, Christopher Schindler oder auch Peniel Mlapa, dann werden wir an ihm noch viel Freude im höchsten Leistungsbereich beim TSV 1860 München haben.“

Verwandte Themen


Keine Kommentare