Ausbildung beim Finanzamt Gunzenhausen

24.2.2018, 07:25 Uhr
Ausbildung beim Finanzamt Gunzenhausen

© Tina Ellinger

Die beiden Frauen haben sich auf die Fahnen geschrieben, für ihre Behörde ein bisschen die Werbetrommel zu rühren. "Wir haben nicht das beste Image", gibt Claudia Wienand gleich zu Beginn des Gesprächs unumwunden zu. Es geht eben ums Geld, da reagieren die Menschen empfindlich. Diesem meist negativen Touch, der ihrem Arbeitsplatz in der Regel anhaftet, wollen die langjährigen Mitarbeiterinnen die aus ihrer Sicht zahlreichen positiven Aspekte einer Tätigkeit beim Finanzamt gegenüberstellen.

"Die Ausbildung ist sehr vielschichtig", erklärt Heidi Henschtl und erläutert die beiden Ausbildungsmöglichkeiten in ihrem Haus mit ihren Besonderheiten: Da ist zum einen die zweijährige Ausbildung zum Finanzwirt in der zweiten Qualifikationsebene (früher: mittlerer Dienst). Zugangsvoraussetzung ist ein mittlerer Schulabschluss. Der Bewerber muss über die deutsche Staatsangehörigkeit oder die eines EU-Mitgliedsstaats verfügen, unter 45 Jahre alt sein und erfolgreich am sogenannten LPA-Auswahlverfahren teilgenommen haben.

Nur online anmelden

Dahinter verbirgt sich ein zentralisiertes Auswahlverfahren durch den Landespersonalausschuss (LPA). Das bedeutet, dass man sich nicht einfach direkt beim Finanzamt um eine Lehrstelle bewerben kann, sondern sich unter www.lpa.bayern.de online anmelden muss. Die Anmeldefrist für das Einstellungsjahr 2019 läuft bis 1. Mai 2018. Neben dem Testergebnis zählen die Noten aus den Schulfächern Deutsch und Mathe.

All das ergibt dann eine Platzziffer, so Heidi Hentschl weiter. Diese Ziffer wiederum ist entscheidend dafür, ob der Bewerber ein Angebotsschreiben erhält. Ist das der Fall steht vor einer endgültigen Entscheidung noch ein Bewerbungsgespräch an. Die Auszubildenden besuchen die Landesfinanzschule in Ansbach (insgesamt neun Monate) und absolvieren 15 Monate ihren berufspraktischen Teil direkt im Finanzamt. Ganz ähnlich kommt man zum dualen Studium zum Diplom-Finanzwirt für die dritte Qualifikationsebene (früher: gehobener Dienst). Die Ausbildungsdauer beträgt drei Jahre, die Voraussetzungen sind gleich, außer, dass der Bewerber eine allgemeine Hochschulreife oder Fachabitur vorweisen muss. Die Hochschulen für den öffentlichen Dienst befinden sich in Herrsching und Kaufbeuren, wobei die Unterkünfte kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, wie Finanzamtschefin Claudia Wienand betont. Das sei oftmals ein wichtiger Aspekt für die jungen Leute.

Genauso wie die Ausbildungsvergütung, die sich ebenfalls sehen lassen kann: Die Beamtenanwärter in der zweiten Qualifikationsebene steigen mit 1150 Euro ein, die Studenten mit 1230 Euro. Und Heidi Hentschl hat noch ein weiteres Zuckerl für mögliche Interessenten: "Es gibt eine Übernahmegarantie in Bayern. Das heißt, wer die Prüfung schafft, ist dabei. Wir bilden nur nach Bedarf aus."

Den wird es in Zukunft sicherlich geben: Allein von den aktuell 84 Beschäftigen in Gunzenhausen sind 20 bereits über 60 Jahre alt. "Diese Altersstruktur ist überall im Freistaat ähnlich", weiß Claudia Wienand. Dies sei mit ein Grund dafür, warum die Zahl der Anwärter in den nächsten Jahren deutlich angehoben werden soll. Übrigens lohnt sich eine Bewerbung beim Finanzamt auch für Quereinsteiger, die sich etwa nach einer längeren Babypause beruflich verändern wollen. Eine Voraussetzung ist, dass sie bei Amtsantritt nicht älter als 45 Jahre alt sind. "Da haben wir immer wieder jemanden", berichtet die Ausbildungsleiterin voller Respekt: "Hut ab, wenn sich das jemand zutraut."

Da sie selbst Mütter sind, wissen die beiden erfahrenen Ansprechpartnerinnen auch um die Vorzüge des öffentlichen Diensts, etwa, was die Möglichkeiten von Teilzeitarbeit anbelangt. "Die sind unschlagbar", sind sie überzeugt und verweisen auch darauf, dass soziale Aspekte, beispielsweise beim Einsatzort, immer Vorrang haben. Und auch die persönlichen Wünsche werden berücksichtigt, wie Anna-Maria Strempfl erzählt. Sie ist eine der momentan 27 Anwärter der Gunzenhäuser Behörde und stammt aus dem Landkreis Ansbach. Das dortige Amt erschien ihr jedoch ein bisschen zu groß, sodass sie sich für die Altmühlstadt entschied. "Hier ist es familiärer und alle sind sehr nett", schildert sie ihre Erfahrungen.

Wer jetzt denkt, die Mitarbeiter des Finanzamts haben es nur mit trockenen Zahlen zu tun, der irrt: "Unser Hauptbetätigungsfeld ist die Sprache", macht die Behördenleiterin klar. "Das Leseverständnis ist sehr wichtig, die Zahlen übernimmt der Computer." Überhaupt sei die Digitalisierung im Finanzamt schon sehr weit fortgeschritten: "Wir sind da sehr modern, ohne Rechner geht gar nichts mehr."

Ganz ohne Papier

Dafür geht es ohne Papier — sämtliche Formulare laufen ausschließlich über den Bildschirm, selbst dann, wenn der Bürger sie händisch ausgefüllt hat. "Die werden eben digitalisiert", verrät Claudia Wienand, die den künftigen Bewerbern daher eine gewisse Affinität zur EDV ans Herz legt. Durch die breite Palette an technischen Möglichkeiten sei der Arbeitsplatz auch für Menschen mit Behinderung sehr attraktiv.

Für alle, die die Prüfungen bestehen, sind beim Finanzamt viele Türen offen: "Es ist alles andere als eintönig bei uns", versichert sie. Und es geht um viel mehr als um das Bearbeiten von Steuererklärungen. Wer möchte, kann zu den Softwareentwicklern, zur Steuerfahndung oder in die Betriebsprüfung gehen oder sein Wissen als Lehrer an die nächste Generation der Auszubildenden weitergeben. "Die Entwicklungsmöglichkeiten sind enorm", sind sich Claudia Wienand und Heidi Hentschl sicher.

Schnuppertag im Amt

Wer sich davon selbst überzeugen möchte, ist beim Schnuppertag des Finanzamts Gunzenhausen am Dienstag, 27. März, ab 10 Uhr genau richtig. Die derzeitigen Auszubildenden entwerfen dazu ein umfangreiches Programm und stehen auch gerne für Fragen zur Verfügung. Für Interessenten gilt also: An diesem Tag keinen weiten Bogen ums Finanzamt zu machen!

Keine Kommentare