Der Bahnhof lebt weiter

8.10.2013, 10:00 Uhr
Der Bahnhof lebt weiter

© Grillenberger

So ganz wird der Bahnhof allerdings trotzdem nicht in Vergessenheit geraten. Dafür sorgt ausgerechnet ein Forchheimer, der sich in den Kopf gesetzt hat, die gesamte Höchstadter Bahnhofsanlage als Modell im Maßstab 1:87 nachzubauen.

Dass Rainer Frischmann sich ausgerechnet die Endstation der ehemaligen Hirtenbachtalbahn ausgesucht hat, ist einigen Zufällen, aber auch praktischen Erwägungen zu verdanken. Einer der Zufälle wollte es, dass Frischmann vor Jahren einmal in eine Ausstellung der Ebrachgründer Eisenbahnfreunde geschneit war und dabei ein Modell des Schlüsselfelder Bahnhofs bewundern konnte. Als auch noch ein Freund von ihm den Frensdorfer Bahnhof rekonstruiert hatte, stand für den eher gemäßigten Modellbahn-Freund, der einmal davon geträumt hat, den gesamten Dachboden seines Hauses in eine Modelleisenbahn-Landschaft zu verwandeln, fest: „Des konnst a“.

Rainer Frischmann schloss sich als erstes dem Freundeskreis europäischer Modell-Eisenbahner (Fremo) an, die ihm schnell den Zahn von der Dachboden-Bahn zogen. Die Fremos bauen lediglich Module, also im Voraus geplante Teile einer Anlage, die sie bei ihren jährlich stattfindenden Treffen zusammenbauen und dann ein paar Tage lang zusammen Eisenbahn spielen.

Als Lokalpatriot kam für Rainer Frischmann nur ein lokales Modul in Frage, so dass er aus naheliegenden Gründen auf den Bahnhof in Ebermannstadt kam. Der, so musste er schnell feststellen, ist allerdings auch im Maßstab 1:87 eine Nummer zu groß, denn der Nachbau würde immer noch eine Länge von sechs Metern beanspruchen.

Geeignetes Bastel-Objekt

Auf der Suche nach einem geeigneteren Objekt stieß der ehemalige Siemens-Mitarbeiter schließlich auf den Höchstadter Bahnhof. Zwar nicht ungemein attraktiv, aber mit 3,80 Metern einigermaßen überschaubar und vermeintlich leicht zu realisieren.

Wer jetzt denkt, dass es doch keine große Sache sein kann, den Höchstadter Bahnhof in Miniaturformat zusammenzubasteln, der versteht nichts von der Seele eines Modellbauers.

Rainer Frischmann begann vor rund zwei Jahren mit den ersten Recherchen für sein Projekt. Mit der Zeit wurde er zu einem regelrechten Höchstadt-Experten, denn im Rahmen seiner Nachforschungen bekam er Kontakt zu Einheimischen, die ihm viel über die alte Hirtenbachtal-Bahn erzählen konnten. Zu Günther Klebes zum Beispiel, der ihm das letzte Exemplar seines eigentlich längst vergriffenen Buchs zur Verfügung stellte, zu Thomas Tuphorn, der ihm alte Postkarten gab oder zu Reinhard Grasse, der ihm mit Fotos vom Bahnhof und dessen Dachkonstruktion aushalf.

Als ideale Fundgrube erwies sich dann das Nürnberger Verkehrsmuseum, das ihm mit umfangreichem Material bis hin zu den originalen Bauplänen des Bahnhofs versorgen konnte.

Weil es den Höchstadter Bahnhof natürlich nicht als fertigen Bausatz gibt, den man nur noch zusammenzukleben braucht, stellte sich für Frischmann irgendwann einmal die Frage, wie er seine theoretischen Kenntnisse in die Praxis umsetzen sollte.

Als Modellbauer muss man aber entweder ein handwerkliches Universalgenie sein, oder über ein großes Netzwerk verfügen.

Letzteres hat der Forchheimer über das Forum seiner internationalen Modellbaufreunde und so bekam er Kontakt zu einem Wiener, der ihm die Wände des Bahnhofs maßstabgerecht aus Polystyrol sägte und zu einem Hamburger Spezialisten, der mittels Laser-Technik die filigranen Fenster aus Sperrholz schnitt. Und den originalgetreuen Schriftzug steuerte ein Grafiker aus Berlin bei, der ihm dazu auch gleich noch ein Abziehbild in passender Größe lieferte.

Kein Erbsenzähler

Rainer Frischmann gehört zwar nicht zu den Erbsenzählern unter den Modellbauern, denen sogar eine fehlende Schraube an einer Lok schlaflose Nächte bereitet, allzu viel künstlerische Freiheiten will er sich aber dennoch nicht erlauben. Auch, wenn er der Einzige ist, dem Ungenauigkeiten ins Auge stechen. So legt er beispielsweise auch gesteigerten Wert auf die Zierleiste, die zwischen den Stockwerken das Haus umrahmt. Im Modell ist das Accessoire nur wenige Millimeter breit und so filigran, dass es mit Aceton angeklebt werden musste.

Weil sich mit jedem Detail neue Themenkreise auftun, – beim Aufsetzen der Kamine hat sich Frischmann zum Beispiel in die Welt der Ziegelsteine vertieft – ist das Modell des Höchstadter Bahnhofsgebäudes, geschweige denn des gesamten Geländes, natürlich auch zwei Jahre nach Baubeginn noch nicht fertig.

Wann es soweit ist, steht in den Sternen, denn Rainer Frischmann hat sein von Termindruck geprägtes Berufsleben in jeder Beziehung hinter sich gelassen. „Jetzt ist der Weg das Ziel“, sagt er und rechnet vor, dass nach dem Bahnhofsgebäude ja auch noch der längst abgerissene Lokschuppen, das Toilettenhäuschen und der Warenschuppen gebaut werden müssen.

Es kann also dauern, bis der gesamte Bahnhof einmal als Modul zum Spielzeug eines Fremo-Treffens wird, oder in einer Ausstellung der Ebrachgründer Eisenbahnfreunde zu sehen sein wird.

Wer bis dahin Sehnsucht nach dem abgerissenen Höchstadter Bahnhof verspürt, der kann sich unter dem Link: http://projekte.lokbahnhof.de/index.php?page=Thread&threadID=64 über das Werden des Modells informieren.

Zwilling in Gräfenberg

Oder er fährt einfach einmal nach Gräfenberg. Dort steht nämlich heute noch ein baugleiches Exemplar in Original-Größe.

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