Schnelle Zeiten, bezaubernde Stille: Eindrücke vom ABAM

16.5.2016, 20:56 Uhr
Kraftpakete auf der Laufbahn: Der 100-Meter-A-Lauf der Frauen.

© Sportfoto Zink / JüRa Kraftpakete auf der Laufbahn: Der 100-Meter-A-Lauf der Frauen.

Die Stille ist vielleicht das Schönste an der Leichtathletik, dieser Moment kurz bevor der Startschuss fällt, wenn die Zuschauer scheinbar aufhören zu atmen, wenn selbst der grantelige Dauerkommentierer aus der letzten Reihe für ein paar Sekunden innehält, wenn die Zeit einfriert und man höchstens noch den Wind pfeifen hört. Auf den Stillstand folgt die Explosion, wuchtige Waden, die sich aus den Startblöcken katapultieren, das rhythmische Klatschen der Zuschauer, die bei den Langstreckenläufen auf die Bahn kommen, um die Athleten aus nächster Nähe anzufeuern. Beim Athletics Meeting in Herzogenaurach, das das LAC Quelle Fürth und adidas gemeinsam organisiert haben, schlugen die Zuschauer schon bei den C-Läufen vor Begeisterung gegen die Bande.

Man kennt das in Deutschland kaum noch – die großen Meetings sind nach und nach fast alle gestorben und hier in der Region ist das nicht anders. „Wenn man hier in der Gegend wohnt, kann man so etwas sonst nicht miterleben“, sagt Daniel Hoseus, Mehrkämpfer bei der TS Herzogenaurach und bei adidas als Student in die Organisation der Veranstaltung eingebunden: „Leichtathletik wird immer nur auf die Ergebnisse heruntergebrochen, die familiäre Atmosphäre sieht man in der Öffentlichkeit nie.“

Unkomplizierte Athleten

Die insgesamt 3000 Zuschauer, die am vergangenen Freitag und Samstag nach Herzogenaurach ins kleine Adi-Dassler-Stadion gepilgert sind, die haben es doch gesehen, das was die Leichtathletik jenseits von schnellen Zeiten ausmacht: die Eleganz und Kraft der Sportlerinnen und Sportler natürlich, das Taktieren während der Läufe, das gegenseitige Anfeuern der Sportler vor allem in den unteren Rennen.

Und die Unkompliziertheit der Athleten und Athletinnen, die mit den Fans abklatschten und mit denen man oft schon im Zieleinlauf plaudern konnte – es sei denn vielleicht, sie sind so sympathisch schüchtern wie die äthiopische Weltjahresbestzeit-Läuferin über 5000 Meter Senbere Teferi.

So viel Tuchfühlung ist eigentlich auch für die Leichtathletik nicht selbstverständlich, gerade vor dem Start werden die Sportler in der Regel hermetisch abgeschirmt, weil die Konzentration nicht leiden darf. Es ist also ein schmaler Grat, auf dem sich ein so familiäres Treffen wie das ABAM (Adidas Boost Athletics Meeting) bewegt – bei der Premiere ist ihnen das aber gut gelungen.

Glamouröses Schulsportfest

Die Mischung aus Glamour und Schulsportfest machte die Atmosphäre beim Athletics Meeting so besonders. Mike McManus hat schon angekündigt, dass es im nächsten Jahr eine Neuauflage geben wird, dass man das Meeting gerne zum interessantesten und konkurrenzfähigsten in Deutschland und Europa machen möchte. Dafür würde er sogar das Adi-Dassler-Stadion umbauen lassen, damit auch die Wurf- und Sprungdisziplinen hier stattfinden und die Leichtathletik in ihrer ganzen Breite abgebildet werden könnte, „Dieses Meeting ist eines für jedermann“, sagte McManus und es klang so, als wolle man das so lassen.

Was Jedermann erreichen kann, das hat sich beim ABAM immer wieder gezeigt: Hassan Chani zum Beispiel kam beim 10 000 Meter-Lauf als Letzter über die Ziellinie, er hatte fast 40 Sekunden Rückstand auf Leul Gebresilasie, der Weltjahresbestleistung gelaufen war. Und trotzdem konnte Chani sein Glück kaum fassen, im Ziel angekommen kniete er sich auf den Boden. Er hatte mit seiner Zeit, die Olympia-Norm seines Heimatlandes Bahrain geknackt und wird wohl mit seinem Nationalteam nach Rio reisen. Der Letzte fährt zu Olympia – so schön und so überraschend kann Leichtathletik sein.

Keine Kommentare