Mikroplastik-Studie: Unsichtbarer Abfall in der Altmühl

18.3.2018, 05:55 Uhr
Mikroplastik-Studie: Unsichtbarer Abfall in der Altmühl

© Bernd Wüstneck/dpa

Ihre Erfindung haben die Bayreuther Wissenschaftler "Mini-Manta" getauft, denn die Vorrichtung ähnelt dem majestätisch gleitenden Tier. Mal zogen sie diese neben einem Boot durchs Wasser. Mal warfen sie sie vom Ufer aus ins Nass oder ließen sie von einer Brücke herab. Das Ziel war dabei immer das gleiche: Die Forscher wollten Wasserproben sammeln, um zu erfahren, wie stark die Flüsse in Deutschland durch Mikroplastik belastet sind.

Um eine fundierte Datengrundlage zu haben, entnahmen die Forscher von 2014 bis 2017 aus mehr als 20 Flüssen in fünf Bundesländern – in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz – 52 Proben. Und sie wurden fündig. Immer und immer wieder.

Hohe Mikroplastikkkonzentration in Nebengewässern

Die Ergebnisse, die nun vorliegen, bilden laut dem Bayerischen Landesamt für Umwelt "einen der weltweit größten, methodisch einheitlich gewonnenen Datensätze zum Vorkommen von Plastikpartikeln in Flüssen".

Am Ende zählten die Bayreuther Wissenschaftler mehr als 19000 Objekte in den Proben. 4335 wurden als Kunststoffpartikel identifiziert. Rund 99 Prozent waren kleiner als fünf Millimeter und gehören damit zur Kategorie Mikroplastik. Die Partikel bestanden in den meisten Fällen aus den Kunststoffsorten Polyethylen und Polypropylen. Frischhaltefolien, Flaschen oder etwa Müllbeutel bestehen aus Polyethylen. Es wird vermutet, dass die gefundenen Partikel von größeren Kunststoffobjekten stammen.

Was bei den Untersuchungen auffiel: Vor allem in kleineren und mittleren Nebengewässern fanden sich höhere Konzentrationen von Mikroplastik. Dagegen stießen die Forscher in größeren Gewässern wie dem Rhein auf niedrige bis mittlere Konzentrationen. Die Forscher gehen davon aus, dass durch das größere Wasservolumen eine stärkere Vermischung stattfindet und so die Konzentration sinkt.

Auswirkungen auf Organismen kaum erforscht

Fest steht mittlerweile, dass Vögel, Fische und Insekten Mikroplastik aufnehmen. Über die Folgen gibt es aber kaum Kenntnisse. Zwar existieren einzelne Studien über die negativen Effekte von Mikroplastik auf die Tiere in Gewässern. "Jedoch werden in diesen Laborstudien meist extrem hohe Konzentrationen eingesetzt, die um ein Vielfaches über den durchschnittlich gemessenen Umweltkonzentrationen liegen", heißt es dazu in der aktuellen Studie. "Aussagen darüber, wie sich die aktuellen Umweltkonzentrationen auf Organismen auswirken, können somit nicht getroffen werden." In Bayern wurde das Wasser der Donau sowie der Nebengewässer Altmühl, Isar und Inn untersucht. In allen Gewässern wurden Mikroplastikpartikel gefunden. Die Forscher fanden auch heraus: Flussabwärts steigt die Konzentration von Plastikpartikeln. Wurden bei Ulm noch 9,8 Partikel pro Kubikmeter gefunden, waren es bei Kehlheim schon 37,7 Partikel pro Kubikmeter und bei Bad Abbach 44,4 Partikel pro Kubikmeter.

Bei der Altmühl verhielt es sich anders: Bei Herrieden betrug die Konzentration 8,0, bei Dietfurt 13,2 Partikel pro Kubikmeter. In der Wasserprobe, die bei Roth entnommen wurde, das zwischen Herrieden und Dietfurt liegt, maßen die Forscher mit 71,6 Partikeln pro Kubikmetern eine deutlich höhere Konzentration. Bei der Analyse der Proben im Freistaat kommt die Studie zu dem Schluss: Fast alle in diesen Gewässern gefundenen Plastikteilchen sind zwischen 0,3 und 0,02 Millimeter groß.

"Mit dieser Studie haben wir erste detailliertere Einblicke in die Mikroplastikbelastung von deutschen Fließgewässern gewonnen", erklärt Christian Laforsch vom Lehrstuhl für Tierökologie I der Universität Bayreuth. "Um die Herkunft, die zeitweilige Ablagerung und den dauerhaften Verbleib von Mikroplastik in Gewässern genau zu verstehen, bedarf es allerdings noch viel weiterführender Forschung." Neben den Flüssen wurden in Bayern auch Seen auf Plastik untersucht. Die Ergebnisse werden in einem anderen Bericht veröffentlicht, hieß es.

5 Kommentare