Funkelndes Aragonit vom Wolfstein

20.1.2014, 11:00 Uhr
Funkelndes Aragonit vom Wolfstein

So viel Werbung für das Wahrzeichen der Stadt Neumarkt und den dort gefunden Aragonit, er ist über elf Millionen Jahre alt, hat es noch nicht gegeben: An prominenter Stelle, an der Norishalle am Marientorgraben, prangt ein großes Plakat, das auf „Die Kristalle der verlorenen Höhle“ aufmerksam macht. Im Foyer, auf rund 100 Quadratmetern Ausstellungsfläche, präsentiert die Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg die Funde aus der Höhlenruine auf dem Felssporn über der Jurastadt.

Funkelndes Aragonit vom Wolfstein

© Fellner

Aragonit ist kein seltenes Mineral, schlimmstenfalls lagert es sich gerne schichtenweise im Wasserkocher ab, „wenn wir unser geschätztes Ranna-Wasser aus der Leitung nehmen“, veranschaulichte es Gabriele Prasser, Vorsitzende der NHG, in ihrer Eröffnungsrede vor einer Vielzahl von Mitgliedern und Interessierten. Doch Röschen, Stäbchen und bizarre Büschel, so, wie sie auf dem Wolfstein gefunden worden sind, entstehen da nicht.

Dazu benötigt es ein besonderes Klima, Feuchtigkeit, Druck und Zeit, sagt Gerd Tietz, Professor im Unruhestand und in Sachen Wolfstein-Aragonit der Experte schlechthin. Und Mitglied der NHG, daher die Querverbindung. Mit seinen Studenten hat er seinerzeit die Hänge die Burgruine abgesucht, sie kletterten in Höhlen, siebten Abraum; nicht anders die Wolfsteinfreunde selbst, die seit 1997, dem Beginn der Sanierungsarbeiten auf der Burgruine, unermüdlich am Arbeiten sind und wundervolle Aragonit-Stücke zusammengetragen haben.

Diese alle hat Tietz für die Ausstellung vorbereitet: Rund 100 Stücke sind es, das größte davon ein Trumm von rund 30 Kilogramm, das den Aragonit in seiner ganzen Wuchtigkeit zeigt. Präsentiert in zahllosen Vitrinen, glitzern und funkeln Röschen und Stäbchen im kalten Licht der Strahler. Das Mineral in einer Ausprägung, wie es auf dem Wolfstein vorkommt, ist äußerst selten und Tietz sowie Professor Wolfgang Schmahl, Leiter der Mineralogischen Staatssammlung München, schätzen, dass sich 50 Prozent des weltweiten Vorkommens auf dem Wolfstein finden. Es hat aber keinerlei wirtschaftlichen Wert. Schön schauts halt aus.

Und könnte, sagt Schmahl, der von München eigens nach Nürnberg angereist war, in einer derzeit laufenden wissenschaftlichen Diskussion entscheidend weiterhelfen. Es wird diskutiert, warum der Mensch seine Knochen aus Calciumphosphat aufbaut, Mollusken wie Muscheln, Schnecken oder Ammoniten hingegen aus Calciumcarbonat. In grauer Vorzeit muss da irgendwann ein Schalter umgelegt worden sein; „die mineralische Zusammensetzung des Meerwassers könnte dafür Ursache sein“, sagt Schmahl.

Hilfskraft forscht

Richtig interessant wird die Diskussion dadurch, dass auch in dieser Erdphase, vor über elf Millionen Jahren, ein Klimawandel auf der Erde anstand. Wie jetzt wieder, wie vermutet wird. Um das noch weiter zu erforschen, hat Schmahl eigens eine wissenschaftliche Hilfskraft eingestellt, die über den Aragonit forscht, darüber ihren Master schreibt. Mit etwas Glück gelingt es, dann eine Förderung für eine Doktorarbeit zu bekommen.

Doch zurück zur Ausstellung: Diese ist umso beeindruckender, wenn man um die Situation in Neumarkt weiß. Denn das Finanzministerium hat vor zwei Jahren die Diskussion, wie der Fund gezeigt werden könnte an Ort und Stelle, damit beendet, dass es die geöffnete Fundstelle einfach verschütten ließ. Was heute noch für Kopfschütteln und Zorn in Neumarkt sorgt; vor allem auch, sagt Gerd Tietz, weil man um den Fund fürchtet. Wird das Aragonit feucht, zersetzt es sich relativ schnell.

Offen ist auch, wie es mit den Funden aus dem Burggraben, in ihm war vor Millionen Jahren die Tropfsteinhöhle, in der sich der Sinter bildete, weitergeht. Die Stadt hat Grund am Wolfstein erworben, es gibt ein Modell, es gibt fertige Architektenpläne, das Geld ist da, doch im Haushalt für dieses Jahr findet sich der Bau der Ausstellungsräume nicht.

Bürgermeister Franz Düring, der zur Eröffnung nach Nürnberg gekommen war, lobte zwar die Arbeit der Wolfsteinfreunde, vertreten durch ihren Vorsitzenden Armin Blank und Ex-Vorsitzenden Reinhard Veit, machte ihnen aber keine Hoffnung, dass sich in Sachen Museum schnell etwas tut: „Das steht nicht auf der Prioritätenliste.“ Schade ob des phantastischen Fundes, dem damit nach einer Zeit der Wanderschaft im schlimmsten Fall ein Platz im Magazin des Stadtmuseums droht, sollte der Bau am Berg weiter verzögert und verzaudert werden.

 

Keine Kommentare