Karl May pur: Senf-Indianer&Skunk

24.3.2012, 09:00 Uhr
Karl May pur: Senf-Indianer&Skunk

© Fellner

„Indianer-Pfeil und Knatterbüchse“ lautete das Motto des Abends, doch die drei Schüsse, die fielen, waren nur literarischer Art. Die ersten beiden streckten in heroischer Weise einen Grizzly-Bären nieder, der dritte einen Braunbären. Ansonsten kamen weder der Henry-Stutzen noch Winnetous Silberbüchse zum Einsatz. Und das, was da dröhnend röhrte, war auch nicht der Bärentöter – sondern das Gelächter des Publikums.

Herbert Müller las gekonnt, nicht auf dem Kanapée, sondern hinterm Pult, vor einem Bild des Worte- und Geschichtendrechslers aus Radebeul. Was es gab, war geschickt ausgesucht und ein heiterer Karl May, nicht der manchmal moralinsaure Übererzähler, der den jungen Menschen noch begeistert, es ihm Jahre später aber fast unmöglich macht, die Winnetou-Bände oder die Abenteuer zwischen Bagdad und dem Land der Skipetaren zu lesen.

Hier aber ging es einmal um Autobiographisches, von May selbst mit viel Augenzwinckern verfasst; denn ein Meister der skurrilen Szenen und des Wortwitzes war er wahrlich. Da erzählt er von seinen Leiden als vielumworbener Literatenstar, der sogar von einer Abordnung einer Kartonagenfabrik zuhause aufgesucht wird, die ihm ihre Honeurs macht und ihn lobt. Und vom Schüler, der sich über den Löwen in seinem Arbeitszimmer wundert und dabei fast den ausgestopften Grizzly über den Haufen rumpelt.

Bunter und besser noch die Erzählung „Der Bär, der Skunk und die Senfindianer“. Nicht nur dem alten und dem jungen Indianer rannen am Ende die Tränen aus den Augen, sondern auch den Zuhörern im bestens gefüllten Vorleseraum. Warum die beiden Indianer weinten? Selbst herausfinden, die Geschichte findet sich in einem mächtigen Karl-May-Lesebuch, das zum Jubiläumsjahr aufgelegt worden ist.

Zum Abschluss gab es noch ein Abenteuer mit dem blau-roten Methusalem und Frick Turnerstrick in Hongkong. Und auch da gab es einen Karl May, der mit viel Sinn für Situationskomik Szenen aufbaut, die begeistern. Und als Kapitän Turnerstrick, der zwei chinesische Kulis überlisten wollte, selbst überlistet wird und in einer Sänfte ohne Boden durch die Straßen Hongkongs rennen muss, da lachen nicht nur die unzähligen Straßenkinder, die May feixend hinterher fetzen lässt – auch das Publikum, mitgerissen von Herbert Müllers wildem, perfekt gestreckt dahin fegendem Schlussgalopp, hat Tränen in den Augen.

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