Rechte Bombenbastler warfen "Mollis" im Steinbruch

29.4.2015, 22:00 Uhr

Drei oder vier leere Getränkeflaschen wurden mit Benzin aus dem Reservekanister befüllt, mit einem mit Benzin getränkten und entzündeten Lappen als Lunte verschlossen und gegen die Sandsteinwand geschleudert. Der Treibstoff ging in Flammen auf und das blieb nicht verborgen. Zeugen des nächtlichen Fanals am 6. Februar letzten Jahres riefen die Polizei.

Drei junge Männer, der vierte war nicht zu ermitteln, räumten die Vorwürfe ein und mussten sich gestern unter anderem wegen dieses verbotenen Feuerzaubers vor dem Amtsgericht Neumarkt verantworten. Das „unter anderem“ waren ein Springmesser und mehr als 100 Gramm Schwarzpulver, das zum Teil in einer Art Rohrbombe steckte, an der allerdings noch die Zündvorrichtung fehlte. Diese Funde hatte das Landeskriminalamt bei den folgenden Hausdurchsuchungen gemacht.

Richter Danny Schaller und seine beiden Schöffen nahmen sich viel Zeit zur Beratung. Sie machten es sich nicht einfach bei der strafrechtlichen Beurteilung des rechtsradikalen Hintergrunds der Angeklagten zumindest zur Tatzeit. Letztlich kamen sie aber zu dem Schluss, dass die „Molli“-Bastelei nur Blödsinn war, ohne die möglichen Konsequenzen zu bedenken. Dass so ein Anschlag aus der rechten Ecke vorbereitet worden sein könnte, nahmen sie zu Gunsten der Angeklagten nicht an.

Vom Drogen-Milieu in die rechte Szene

Die drei könnten unterschiedlicher nicht sein. Der Älteste, ein 24-Jähriger, will sich inzwischen komplett von der Neonazi-Szene losgesagt haben. Er habe sich auch konsequent von seinen damaligen Freunden gelöst und besuche jetzt eine Privatschule mit Internat. Der jüngste im Bunde hatte die Aktion für die Nachwelt und natürlich auch die Polizei auf Video festgehalten. Deshalb wurde ihm nur Beihilfe vorgeworfen.

Er war, wie es Richter Schaller ausdrückte, vom Regen in die Traufe geraten, hatte beim Versuch, aus dem Drogen- und Alkohol-Milieu zu entkommen, in die rechte Szene gefunden. Eine unglückliche Liebe, so lassen es jedenfalls einige SMS vermuten, stürzten ihn in eine krude Gedankenwelt mit Gewaltfantasien vor allem gegen Ausländer und Asylbewerber.

Dazu kam seine Neigung für alles, was explodiert und kracht. Er gab zu, schon etliche kleine Rohrbomben gebastelt zu haben, um sie auf einem freien Feld hochgehen zu lassen. Allerdings, ein Mitglied der Kameradschaft sei er nie gewesen, nur neugierig, auf das was die so machten.

Komplizen nicht verraten

Der Dritte, ein 23-jähriger ist da schon aus anderem, dunkelbraunen Holz geschnitzt. Er gehört der Neonazi-Szene schon seit vielen Jahren an, hat den Jüngeren auch da rein gebracht und sich schon einschlägig vor Gericht verantworten müssen.

Aber auch er erklärte glaubhaft, dass das ein Lebensabschnitt sei, den er weitgehend hinter sich gelassen habe. Die Kameradschaft sei seit einem Jahr so gut wie tot. Er verortet sich zwar nach wie vor am rechten Rand, sei aber nicht mehr radikal.

Wer jetzt wie viele Mollis gebaut und wie viele geworfen hat, ließ sich nicht klären. Da gab es deutliche Erinnerungslücken. Es spielte auch nur eine untergeordnete Rolle, weil zwei gestanden hatten, Hand angelegt und den Jüngsten entlastet hatten. Welche Rolle der ominöse vierte Mann gespielt hat, blieb auch im Dunkeln.

Die zwei, die ihn kennen, verraten seinen Namen nicht, da er sich angeblich aus der rechten Szene ausgeklinkt habe. Diese Aussageverweigerung wirkte sich nicht strafverschärfend aus, erklärte Richte Schaller. Kooperation hätte aber strafmildernd sein können. Dem Gericht lagen unzählige Bilder vor, die Auswertungen der Laptops und Handys und die Videoaufnahme: in Hochformat gedreht und in Querformat abgespeichert. Das wenig aussagekräftige Filmchen wurde im Gericht an die Wand geworfen.

Erhebliche Reiferückstände

Staatsanwalt Marcel Dumke war der Meinung, der 23 Jahre alte Noch-Neonazi sei wegen des Baus und der Zündung von Brandsätzen und dem Besitz eines Springmessers zu einer Gesamtstrafe von elf Monaten auf drei Jahre Bewährung zu verurteilen. Dazu müsse er 2500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen.

Rechtsanwalt Jürgen Mederer, der betonte, dass er die Gesinnung seines Mandaten nicht akzeptieren könne und auch nicht wolle, fand die Bewertung des Besitzes eines simplen Springmessers und die Geldauflage als zu drakonisch. 1500 Euro sollten es auch tun.

Mit acht Monaten auf Bewährung und einer Geldauflage in Höhe von 1000 Euro sollte der Älteste des Trios nach Vorstellung des Staatsanwalts am besten wegkommen. Sein Verteidiger Alois Kölbl gab zu bedenken, dass schließlich nichts passiert sei. Er freute sich, dass sein Mandant offenbar der rechten Szene den Rücken gekehrt habe, aber er erinnerte auch alle drei Angeklagten 70 Jahre nach der Befreiung der Konzentrationslager daran, mit welcher beispiellosen Niedertracht die Nationalsozialisten gegen andere Menschen vorgegangen waren.

Der schwierigste Fall war der des 21-Jährigen, der nach Einschätzung der Jugendgerichtshilfe zur Tatzeit erhebliche Reiferückstände hatte.

Haftstrafen auf Bewährung

Er wurde deshalb auch nach dem Jugendstrafrecht beurteilt. Dennoch votierte der Staatsanwalt für eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten. Dazu soll der Angeklagte 2000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen und einen Kurs in politischer Bildung besuchen.

Eine Idee, die Verteidigerin Martina Hintz gut gefiel. Die Freiheitsstrafe hielt sie aber für zu hoch. Ihr Mandant habe intellektuell mit den beiden anderen Angeklagten nicht mithalten können. Er sei ein Mitläufer.

Diese Einschätzung teilte auch Richter Schaller, wenngleich ihm die mitgeschnittenen Telefonate und die Auszüge aus den Chat-Verbindungen wegen der Radikalität der Gedanken schon echte Sorgen bereiten.

Er entschied auf ein Jahr und drei Monate mit Bewährung, nahm den Vorschlag des Staatsanwalts auf, den Burschen zur politischen Bildung zu schicken und stellt ihm einen Bewährungshelfer zur Seite. Dazu machte er ihm zur Auflage, dem Pädagogischen Zentrum Parsberg 2000 Euro zukommen zu lassen. Damit wird die Integration junger Ausländer gefördert.

Die achte Monate für den 24-Jährigen schienen auch Schaller angemessen. Dazu muss der 60 ehrenamtliche Arbeitsstunden ableisten. Der leicht geläuterte Neonazi bekam elf Monate mit Bewährung aufgebrummt. 2500 Euro muss er an das Reso-Zentrum des Landkreises zahlen.

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