Von wegen Ironie: Holocaust-Leugner kassiert in Neumarkt Geldstrafe

29.11.2016, 20:00 Uhr
Von wegen Ironie: Holocaust-Leugner kassiert in Neumarkt Geldstrafe

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Falls es so war, habe es sich um einen untauglichen Versuch gehandelt, sagte Richter Rainer Würth und verurteilte den 36-Jährigen wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe. Dem Kommentar auf Facebook sei keine Ironie anzumerken.

Am Artikel einer 90 Jahre alten Zeitzeugin im Magazin Focus zu den Verbrechen der Nazis hatte sich im Internet eine heftige Diskussion entzündet. Mehrere hundert Kommentare befassten sich, um es vornehm auszudrücken, aus unterschiedlicher Sichtweise mit den Nazi-Verbrechen.

Der Angeklagte betätigte sich als ausdrücklicher Holocaust-Leugner. Kein Anführungszeichen, kein Fragezeichen, keine Wendung ließ nach Auffassung von Staatsanwaltschaft und Gericht den unbedarften Leser, von denen es bei Facebook ja jede Menge geben soll, ahnen, dass hier Sarkasmus am Werke war.

Wortreich, aber auch verwirrend versuchte der Angeklagte darzulegen, dass er absolut kein Nazi sei, mit Nazis auch noch nie zu tun gehabt habe und seine politische Einstellung eher links anzusiedeln sei. Da könne man alle seine Freunde und Bekannten fragen. Ein Rassist sei er sicherlich auch nicht. Sonst hätte er wohl nicht eine Türkin geheiratet. Mindestens die Hälfte seines Bekanntenkreises habe einen Migrationshintergrund. Womit er erst auf Befragung raus rückte: Dass er den Unterhaltspflichten aus dieser inzwischen geschiedenen Ehe nicht nachkommt. Er schlägt sich mit Arbeitslosengeld durchs Leben und gelegentlichen Nebenjobs, obwohl er einen durchaus gefragten Beruf erlernt hat. Das erhöhte nicht seine Sympathiewerte beim Richter. Auch nicht seine ungebremste Redseligkeit. „Sie haben etwa 90 Prozent der Konversation in dieser Verhandlung bestritten“, rechnete ihm Rainer Würth vor.

Die Wirkung zählt

Auf der anderen Seite beklagte der 36-Jährige, dass sich weder Staatsanwaltschaft noch Gericht die Mühe gemacht hätten, in seinem Fall gründlich zu recherchieren. Weder hätten sie den Artikel im Focus gelesen noch die zahllosen anderen Facebook-Posts. Das räumten die auch ein.

Deshalb war er nahe daran, einen Befangenheitsantrag zu stellen, nahm dann aber Abstand davon und erklärte nur, in Berufung zu gehen und sich dafür einen Anwalt nehmen zu wollen.

Staatsanwaltschaftsvertreter Thomas Leykam war durchaus geneigt, dem Angeklagten abzunehmen, dass er mit dem Kommentar nicht seine Einstellung zu den Gräueln des Nationalsozialismus kund tun wollte. Aber das spiele eine untergeordnete Rolle. Es komme darauf an, wie er verstanden werde. Und die Äußerung kommen eindeutig als volksverhetzend rüber, hieß es. Er forderte eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 20 Euro.

Auch Richter Rainer Würth hielt die Angeklagten nicht für einen Rechtsradikalen, fand aber keinerlei Anhaltspunkte, um die strittigen Facebook-Sätze als Ironie einordnen zu können. Er blieb allerdings mit 80 Tagessätzen zu 20 Euro etwas unter der Forderung des Staatsanwalts.

Einzig erfreulicher Umstand bei dieser Gerichtsverhandlung: Die Ermittlungen der Polizei wurden durch Facebook unterstützt.