Widerstand gegen Ehrentzug für Nazi-Maler

1.12.2010, 10:48 Uhr
Widerstand gegen Ehrentzug für Nazi-Maler

© Edgar Pfrogner

Manfred Ritter lässt nicht locker: Schon kurz nach der einstimmigen Entscheidung des Bausenats, die Straße umzubenennen, hatte er einen ersten Vorstoß bei der Stadt unternommen, um dies zu verhindern. Schon damals hatte er ins Spiel gebracht, die Anwohner selbst zu befragen; damals wie heute das Gegenargument: Die hohen Kosten, die angeblich auf die Anwohner zukommen.

Nun hatte Ritter, der in der Albert-Reich-Straße eine Immobilie verwaltet, die Bürger der Straße am 29. November ins Gasthaus Wanke in Wolfstein eingeladen. Der Treff ging ohne Öffentlichkeit über die Bühne, fand ohne Presse statt.

E-Mail am Tag danach

Gestern erreichte die NN aber eine E-Mail aus dem Büro der Ritter-Hausverwaltung. „...verschiedene Bewohner der Albert-Reich-Straße... beschlossen mehrheitlich“, wird da aus einem Brief an Oberbürgermeister Thomas Thumann zitiert, „folgende Anträge, die Sie bitte auf die Tagesordnung der nächsten Stadtratssitzung setzen möchten: Der Stadtrat hebt den Bausenatsbeschluss bezüglich der Straßenumbenennung der Albert-Reich-Straße auf. Der Straßenname bleibt bestehen.“ Beigelegt ist eine Anwesenheitsliste mit 14 Namen. Elf davon stehen offenbar mit Unterschrift hinter dem Antrag.

Das wird ihnen freilich wenig nützen. Denn, so die Auskunft von Rechtsdirektor Jürgen Kohler, ist zwar grundsätzlich eine Bürgerbeschwerde möglich, einen Antrag an das Stadtratsgremium kann aber zunächst nur ein Stadtrat stellen.

Allerdings bestehe die Möglichkeit eines Bürgerquorums, das auf Berechnungsgrundlage der Einwohnerzahl der Gemeinde (also rund 40000 in Neumarkt) von 400 wahlberechtigten Neumarktern unterschrieben sein müsste. Elf sind definitiv zu wenig. Der Antrag, wenn denn 400 Unterschriften zusammen kämen, würde dann in den Bausenat kommen. Und der dürfte kaum bereit sein, einen einstimmig gefassten und von vielen als längst überfällig eingeschätzten Beschluss wieder umzustoßen. Viel Wind um nichts also aus dem Hause Ritter.

Kohler versteht auch nicht, wieso sich einzelne Bürger vor diesen Karren spannen lassen. Denn die Unannehmlichkeiten, die auf die Anwohner der Noch-Albert-Reich-Straße zukommen werden, seien hinnehmbar im Vergleich zu der Belastung, die mit der Umbenennung von der Kommune genommen werde.

Er selbst, sagt Kohler, komme aus einer Stadt, in der so eine Maßnahme zwei Mal schon ohne große Probleme durchgezogen worden sei. Die Ummeldung bei der Stadtverwaltung sei selbstverständlich kostenlos und beim Landratsamt werde der Führerschein auch gebührenfrei umgeschrieben, verspricht Kohler.

Die Bürger müssten allenfalls ihren Versicherungen und der Verwandtschaft mitteilen, dass sich ihre Anschrift geändert hat.

Bei der Besprechung mit den Anwohnern im Gasthaus hatte Manfred Ritter auch noch die Möglichkeit aus dem Hut gezaubert, den Straßennamen Reich zu behalten und gleichzeitig den Namen Albert Reich zu vermeiden.

Es gab in Eichstätt einen Baumeister Erhard Reich, der von Pfalzgraf Johann 1520 beauftragt wurde, das abgebrannte Schloss in Neumarkt wieder aufzubauen. Diese Arbeiten dauerten bis 1529. Angeblich soll sich Reich 1540 in Neumarkt selbst ein Haus gekauft haben. Der aus Tirol stammende Baumeister, Steinmetz und Kartograph starb im Mai 1553.

Er leitete 1524 die Einwölbung der Johanniskapelle zu Eichstätt. Nach seinem Engagement in Neumarkt lebte er wieder in Eichstätt, wo er nach 1545 die Wölbungsarbeit an der Kollegiat-Pfarrkirche „Unserer Lieben Frau“ durchführte. 1540 verfasste er als farbigen Holzschnitt eine der ältesten Karten der Oberpfalz: „Die Pfalz in Baiern ingrund gelegt samt ihren anstoßenden Ländern“.

Unbedeutende Straße

Ob der Baumeister und Künstler und Architekt eines derartig das Neumarkter Stadtbild prägenden Gebäudes mit so einem unbedeutenden Sträßchen in einem verwinkelten Wohngebiet glücklich wäre?