1. Juli 1967: Jagd auf Polizeiautos

1.7.2017, 08:31 Uhr
1. Juli 1967: Jagd auf Polizeiautos

© Gerardi

"Unsere Wagen finden im Handumdrehen einen schnellentschlossenen Käufer", freut sich der Leiter der Kraftfahrzeug-(„K“)Staffel, Amtmann Joachim Hahnemann. Die Interessenten für einen ausrangierten "Rudolph" überbieten sich sogar gegenseitig. Das Ergebnis der großen Nachfrage: oft wird das Doppelte und Dreifache des amtlichen Schätzpreises bezahlt.

Bevor jedoch die Fahrzeuge verkauft werden, müssen sämtliche Attribute der Polizei entfernt werden. Die meist grün-weiß gespritzten Autos werden ohne Funk, Stadtwappen und einfarbig geliefert.

Den Grund für den reißenden Absatz der gebrauchten Wagen sieht Amtmann Joachim Hahnemann in der guten Pflege, die den fahrbaren Untersätzen der Beamten zuteil wird. Die K-Staffel ist nicht nur hervorragend ausgerüstet, sondern verfügt auch über eine Werkstatt, die sich überall sehen lassen kann.

1. Juli 1967: Jagd auf Polizeiautos

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Sicherheit wird hier großgeschrieben. Ständige Pflege und Wartung sowie sorgfältige Reparaturen garantieren einen einwandfreien Zustand aller Streifen- und Einsatzfahrzeuge. Sie werden erst abgestoßen, wenn sie etwa 150.000 Kilometer auf dem "Rücken" haben. "Wir haben auch Autos, die 200.000 Kilometer mit einem Motor gelaufen sind", bestätigt der K-Staffel-Chef.

Erst vor einigen Tagen hat er aus dem Munde des Wiesbadener Polizeipräsidenten ein dickes Lob gehört. "Eine mustergültige Staffel", bestätigte ihm Dr. Ender, der sich bei einem Informationsbesuch für Aufbau und Organisation des Fuhrparks lebhaft interessierte. 42 Beamte, zehn Angestellte und ein Arbeiter betreuen das "Inventar": insgesamt 172 Fahrzeuge, mit denen im vergangenen Jahr 2,8 Millionen Kilometer zurückgelegt wurden. Dabei flossen 422.066 Liter Benzin durch die Vergaser.

Die PS-Armada zeigt, daß alle Abteilungen gut motorisiert sind. Der Stolz der Verkehrsstreifengruppe sind zwanzig Solokräder (500 ccm), die sich sehr gut bewährt haben. Mit den 145 Stundenkilometer schnellen Maschinen können sich die Beamten noch einen Weg durch dichtes Verkehrsgewühl bahnen und ihre Anweisungen über Funk an die Zentrale weitergeben. 13 Beiwagenmaschinen sollen Zug um Zug abgeschafft werden, weil für die veralteten Typen nur noch schwer Ersatzteile erhältlich sind. Die Gruppe verfügt ferner über sechs Mopeds für den Ermittlungsdienst in den drei Großraumrevieren und über 18 Pkw sowie über zwei zivile Autos für Sonderüberwachungen.

Die Funkstreife, "Feuerwehr" des Polizeipräsidiums, kommt mit nur neun Wagen aus. In vier Einsatzfahrzeugen, die mit einem kleinen Büro, Schreibmaschinen, Tonbändern und Photoapparaten ausgerüstet sind, rollt die Verkehrs-Unfallbereitschaft durch die Stadt, wenn es irgendwo "gebumst" hat. Für Ermittlungszwecke stehen außerdem zwei Personenwagen bereit.

Den größten Anteil der K-Staffel haben die Großraumreviere in Beschlag: insgesamt 53 Autos. Außer dem Befehlswagen, der bei Großeinsätzen als Zentrale dient, verfügt die Kriminalpolizei über 14 Fahrzeuge. Zwei kleine und vier große Mannschaftswagen, ein Fahrschulauto und zwei große sowie drei kleine Gefangenenwagen vervollständigen die K-Staffel. Für "alle Fälle" hat sie noch zwei andere Fahrzeuge in Reserve: einen 4.000 Liter fassenden Wasserwerfer und einen sogenannten "Ruthmann"-Steiger, der seine "Arme" neun Meter hoch ausfahren und im Umkreis von 16 Metern bewegen kann.

Von der Möglichkeit, superschnelle Motoren in unscheinbare Mittelklasseautos einzubauen, macht das Polizeipräsidium nicht mehr Gebrauch. "Nach dem Kriege haben wir das einmal gemacht", erläuterte Amtmann Hahnemann. Heute ist das Funknetz so gut ausgebaut, daß in Sekundenschnelle 45 Streifenwagen zu vorbezeichneten Punkten geschickt werden können. Die Ausfallstraßen sind dann hermetisch abgeriegelt.

Sämtliche Einsatz- und Streifenwagen werden alle sechs Monate auf Herz und Nieren überprüft. Die anderen Dienstfahrzeuge kommen in einjährigem Turnus an die Reihe - im Gegensatz zu den Privatfahrzeugen, die nur alle zwei Jahre beim TÜV vorgefahren werden müssen. Für diesen Zweck steht nicht nur ein eigener Prüfer bereit, sondern gut ausgebildete Beamte und Facharbeiter sind mit den modernsten Geräten, Maschinen und Werkzeugen ausgerüstet.

Die Beamten, die hinter dem Steuer eines Polizeifahrzeuges sitzen, sollen in jeder Hinsicht ein Vorbild sein. Deshalb sind sie auch "offiziell" verpflichtet, sich besonders mustergültig zu verhalten. Amtmann Hahnemann sieht den Erfolg dieser Ermahnung bestätigt, denn nur wenige seiner Kollegen werden in Unfälle verwickelt. Der letzte Totalschaden liegt schon neun Monate zurück...

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