1. Juli 1968: Sensation durch BMW und Quester

1.7.2018, 07:00 Uhr
1. Juli 1968: Sensation durch BMW und Quester

© Ulrich

Piper stellte mit 175,3 km/st einen neuen absoluten Rundenrekord und mit 170,82 km/st auch einen neuen Streckenrekord auf. Der bisherige absolute Rundenrekord wurde von Vorjahresgewinner Frank Gardner mit 170,89 km/st gehalten. Gardner schied im zweiten Teil des Rennens aus, nachdem er in der 16. Minute in der S-Kurve an der Ostseite der Steintribüne mit dem Engländer Vic Elford zusammengeprallt war.

Porsche-Hoffnungen bald enttäuscht

Die 22 schnellsten Fahrer von Sportwagen, Sportprototypen und zweisitzigen Rennwagen hatten sich im Training für das 200-Meilen-Rennen qualifiziert. Sein Beginn war ungewöhnlich: der Start wurde mit Rücksicht auf den bärtigen Bonnier verschoben, an dessen Lola T 70 die Zündkerzen streikten – Bonnier hatte den Startplatz eins für die schnellste Zeit im Training herausgeholt.

1. Juli 1968: Sensation durch BMW und Quester

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Neben ihm stand an zweiter Stelle der grüne Ferrari P 4 des Engländers David Piper, mit 44 Jahren Senior des gesamten Starterfeldes. Als Dritter der ersten Reihe vervollständigte Gerhard Mitter mit dem Porsche 908 das Führungsterzett, hinter dem Quester/Gardner dann Steinemann/Muir/Hawkins, Lidell/Siffert und die weiteren Fahrer Aufstellung nahmen. Vic Elford war mit dem Porsche 910 des Engländers Bradley erst in der fünften Reihe zu finden.

Als Bonniers Motor wieder lief, klatschten die 60.000 Beifall. Inzwischen hatte Frank Gardner im Cockpit sitzend bereits einen Kanister kalten Wassers über sich gegossen: Während des Rennens herrschen dort bei solchen Temperaturen wie gestern runde 55 Grad.

Als Rennleiter Leistner das Feld unter Donnergetöse auf die Reise über die ersten 41 Runden geschickt hatte, kam Mitter als Erster vor Piper, dem gelben Lola Bonniers und dem roten Ford GT 40 des Australiers Hawkins aus der Spitzkehre am Dutzendteich geschossen. Schon ab der dritten Runde konnte nur Piper noch mit dem weiter führenden Mitter mithalten, Bonnier, Hawkins, Frank Gardner und Quester bildeten eine Verfolgergruppe, die sich ihrerseits von dem Rest des Feldes bald klar absetzte. Schon von der dritten Runde an erfolgten Halte an den Boxen, an die der Engländer Nelson, Norinder-Schweden und Brion Muir-Australien auf dem Ferrari L/M fahren mußten.

"Auf einmal tat‘s ‘nen Schlag!"

Als aus der fünften Runde David Piper als Führender am Ziel vorbeikam, ihm Bonnier, Hawkins und Quester folgten, Gerhard Mitter aber ausblieb, stand fest, daß das 200-Meilen-Rennen nicht mit einem deutschen Erfolg enden würde. Wenig später wurde der Porsche an die Boxen gerollt. „Auf einmal tat‘s ‘nen Schlag, da ist etwas von der Kupplung weggeflogen“, erzählte Mitter; später stellte sich heraus, daß sich von der Schwungscheibe ein Stück gelöst und es das Getriebe „zerdonnert“ hatte.

1. Juli 1968: Sensation durch BMW und Quester

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Nach dem 14. Durchgang befanden sich nur noch elf Fahrer in der gleichen Runde. In der 18. Runde mußte Hawkins an die Boxen: er kehrte erst wieder wesentlich später auf die Piste zurück. Dadurch war Quester mit dem 480 Kilo schweren Vierzylinder-BMW an die vierte Stelle vorgerückt. Der Österreicher fuhr bravourös und glänzte vor allem durch seine Kurventechnik. Daß er mit dem 265-PS-Motor so ohne weiteres mit den PS-Riesen wie Lola und Ferrari mithalten würde, hatte ihm keiner zugetraut. Lidell, Siffert, Elford, Steinemann und zahlreiche weitere Fahrer mit prominenten Namen ließ er hinter sich.

In der 24. Runde setzte Bonnier zum Angriff auf Frank Gardner an. Er passierte ihn. Die zweite Position hinter Piper gab der Schwede nicht mehr ab – bis ihn in der 37. Runde ein Kondensatorenschaden zum Halt an den Boxen zwang, der für die erste Halbzeit des Rennens endgültig war. Damit war Quester bereits Dritter vor dem Engländer Lidelf, aber noch hinter Piper und Gardner. Der Engländer hatte sich den Australier in der 40. Runde bereits „geschnappt“ und damit seine sämtlichen Konkurrenten überrundet, aber in der 41. Runde lag Gardner wieder knapp vor ihm.

Kostspieliger Überholversuch

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Die zweiten 41 Runden, für die noch 18 Wagen entsprechend ihrem Einlauf nach den ersten hundert Meilen Aufstellung nahmen, wurden mit dem Indianapolis-Start begonnen, das heißt hinter einem von Jochen Freiberger gesteuerten Führungswagen in fliegendem Start. David Piper bestätigte seine Überlegenheit – regelmäßig wie ein Uhrwerk zog er seine Runden. Auch Bonnier, dessen Wagen in der halbstündigen Pause wieder hergerichtet worden war, konnte zunächst nicht mit ihm mithalten. Ebenso Frank Gardner nicht, der Getriebeschwierigkeiten hatte.

Nach der 16. Runde lagen nur noch Bonnier, Quester, Hawkins und der Australier Brian Muir mit Piper in der gleichen Runde, die übrigen hatten bereits eine Umfahrt weniger zu verzeichnen. Der Engländer Lidell gab am Streckenrand mit qualmendem Wagen auf. Piper fuhr einen neuen absoluten Rundenrekord von 1:20,9 Minuten, was einem Durchschnitt von 175,3 km/st entspricht. Sein Stallgefährte Muir kollidierte mit einem Konkurrenten, fuhr mit schepperndem vorderen Karosserieteil an die Boxen, wo hastig breite Klebestreifen in Massen verklebt wurden, aber dennoch nicht reichten – Muir mußte im Verlauf der folgenden Runden noch mehrmals an die Boxen.

In der S-Kurve an der Ostseite der Steintribüne kam es zu einem aufregenden Zwischenfall: Gardner bog in die Straße hinter der Steintribüne ein. Fast gleichauf mit ihm lag Elford mit seinem Porsche 910, hatte die Ideallinie ver-lassen, um Gardner zu überholen, geriet zu weit nach links und fuhr mit dem linken Vorderrad voll auf einen Strohballen auf; der Wagen wurde hochgeschleudert und prallte gleichzeitig mit Gardners Lola zusammen. Während der Australier mit seinem Wagen in vermindertem Tempo noch von der Strecke und ins Fahrerlager rollen konnte, war Bradleys Porsche nicht mehr fahrfähig.

In der 37. Runde zog zwar Bonnier an Piper, der mit großer Gleichmäßigkeit sein Pensum absolvierte, vorbei, doch konnte der Schwede am Gesamtsieg des Engländers vor Dieter Quester nichts mehr ändern – dazu hatte er in den ersten hundert Meilen durch seine Panne zuviel an Runden eingebüßt.

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