11. Februar 1967: Hat die Justiz Geld verschwendet?

11.2.2017, 07:00 Uhr
11. Februar 1967: Hat die Justiz Geld verschwendet?

© Gerardi

Es waren drei Posten, die von den Prüfern des Rechnungshofes nicht gebilligt worden waren: die Ausstattung des Präsidentenzimmers mit einer Seidentapete, von der die Rolle 41 DM kostete, zweitens der Stoffbodenbelag in einer Reihe von Dienstzimmern (Preis pro Quadratmeter 32,90 DM) und drittens der Einbau von drei Klosetts in Zimmernebenräumen, zu denen jeweils nur der eine Beamte Zugang hat, der in dem Zimmer tätig ist.

Nur mit Mißtrauen angesehen, aber nicht ernsthaft beanstandet war die jedem Besucher sofort ins Auge fallende 75 Meter lange "Traumstraße der Landgerichtsräte" geblieben: ein roter Teppich, der in der Präsidenten-Etage im 3. Stock vor den Zimmern der Oberrichter entlangläuft und am Ende zum Oberpräsidenten führt.

Nach einer Reverenz vor dem Obersten Rechnungshof – "Ich anerkenne seine Funktion als Wahrer der Sparsamkeit des Staates" – der Oberlandesgerichtspräsident mit Gründlichkeit und anhand von Belegen die Motive, die für die beanstandeten Ausgaben maßgebend. "Wir haben", so betonte er, "jede Anschaffung vorher ausgiebig mit Fachleuten besprochen."

Bei der Tapete im Präsidentenzimmer handelt sich es um eine Papiertapete mit einem dünnen Seidenüberzug, die nach drei Jahren noch einen sehr frischen Eindruck macht. Dazu Oberpräsident Hauth: "Ursprünglich, vor der teilweisen Zerstörung des Justizgebäudes im Krieg, war der Raum mit Holz getäfelt. Da ich Holzwände nicht gerne habe und die Holztäfelung sehr teuer gekommen wäre, habe ich Tapete gewählt. Auf Anraten von Fachleuten eine zwar etwas teuere – eine reine Papiertapete mittlerer Qualität hätte 20 DM gekostet – , die aber den Vorteil hat, daß sie viel leichter gereinigt werden kann und haltbarer ist."

Wirtschaftliche Argumente führte der Oberpräsident auch für den Stoffbodenbelag ins Feld. Man habe vor der Wahl gestanden, entweder einen Kunststoffboden zu nehmen und diesen mit Teppichen zu belegen oder die Zimmer mit festem Stoffbodenbelag auszustatten. Da die Kosten in beiden Fällen gleich hoch gewesen wären, habe man sich für den festen Teppichbelag entschieden, der sich auch bis jetzt bestens bewährt habe. Von Parkettböden, wie sie früher in diesen Zimmern vorhanden waren, sei wegen des viel höheren Preises Abstand genommen worden.

Das Zugeständnis, daß man auch anders hätte entscheiden können, machte Hauth nur bei den drei sogenannten Einmann-Klosetts, deren Einrichtung auf eine Tradition bei der Nürnberger Justiz zurückgeht. Wie der Oberpräsident sagte, waren von Haus aus in dem Justizgebäude neun Zimmer mit eigenem Klosett für neun hohe Beamte. Vier dieser Zimmer werden noch von den Amerikanern beansprucht.

Da in Zukunft, wenn das Gebäude wieder einmal ganz in Besitz der Justiz sein wird, zwölf "Spitzen" der Justiz untergebracht werden müssen, seien bei dem Wiederaufbau und teilweisen Neubau in den Jahren 1962 bis 1964, der rund sechs Millionen kostete, drei weitere Zimmer mit Klosetts ausgestattet worden, um später für die Zwölf eine gleiche Situation zu haben. Die dabei entstandenen Kosten haben 1.250 DM betragen.

Zu dieser "Kabinettsfrage" meinte Hauth lächelnd: "Vielleicht nicht ganz demokratisch, aber das ist Ansichtssache."

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